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ENTLANG QUEERER WEGE IM BABYLON BERLIN

SACHBUCH-KRITIK

Am vergangenen Wochenende galt es gleich zwei queere Großevents zu begehen: Zum einen den 35. IDAHOBIT* (Internationaler Aktionstag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie; mehr dazu in unserer queer review zum neuen Buch von Brix Schaumburg (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)) und zum anderen den 69. Eurovision Song Contest – den mit JJ aus Österreich erneut ein queerer Artist gewann. (Und der Autor dieser Zeilen war in der Vorwoche gleich in Köln, was sowieso samt und sonders von bi über gay zu totally queer ablief.)

Ein Band wie „111 queere Orte in Köln, die man gesehen haben muss“, hätte durchaus geholfen. Den gibt es allerdings (noch) nicht... Doch mensch ist ja gesprächig und offen (auch nüchtern) und wusste stets um gute Köln-Kenner*innen-Begleitung. Was es allerdings gibt, ist das im September 2023 im Kölner Emons Verlag erschienene, reich bebilderte (Fotografien: Charlie Spiegelfeld) Buch „111 queere Orte in Berlin, die man gesehen haben muss“ von Steven Meyer und Christopher Ferner.

Nachdem der hier Schreibende den bunten Band schon vor bald anderthalb Jahren das erste Mal durchgesehen, ja studiert hat, ist's doch nun zur (zeitnah) beginnenden Pride Season höchste Discokugel, ihn endlich zu besprechen. Vorab ein kleiner Disclaimer: Selbstredend sind mir viele der Orte bekannt (duh), leider ist es aber auch so, dass mittlerweile nicht mehr alle im Buch erwähnten Läden existieren. Einige sind umgezogen, manche haben sich allerdings auch gänzlich verabschiedet (Tom's Bar! Bar Marietta!) oder werden dies in Kürze. Die Gentrifizierung, sie ist es neben trans*- und homophoben Menschen, die uns Queers noch zusätzlich in die Fresse schlägt. (Andererseits sind manche „von uns“ mit ihrer Brieftasche, die zur möglichst ruhigen Eigentumswohnung in vormals kneipen-affinen Gegenden führt, auch selbst Schuld an der Misere.)

David Bowie Denkmal in Berlin
Das legendäre David-Bowie-Denkmal // Foto: © Charlie Spiegelfeld

Die Autoren klappern dabei neben weit über die Stadt hinaus bekannten Etablissements (Besenkammer – die mensch sich aber getrost sparen kann, der Laden ist über die Maßen unangenhem geworden –, Möbel Olfe, ...) und (Sex-)Partys (SchwuZ, Berghain und Lab.oratory, Ficken 3000, Folsom Straßenfest, etc. pp.) ebenso diverse Geheimtipps (bspw. Monster Ronson's Ichiban Karaoke, Café Cralle) wie auch Orte queerer Geschichte und der Erinnerung ab (diverse Gedenktafeln und Denkmäler etwa für David Bowie, Claire Waldoff, Christopher Isherwood, natürlich Magnus Hirschfeld oder das Denkmal für die verfolgten Homosexuellen). Ebenso Gebäude und Museen wie Galerien (bspw. das Deutsche Historische Museum und natürlich das Schwule Museum und The Ballery) sowie Straßenzüge (Motzstraße) bzw. (Teile einzelner) Berliner Viertel. Einige sind dezidiert queer (respektive trans*, schwul oder lesbisch), andere sind queer-friendly. Letzteres trifft, das wissen sicher nicht nur eingefleischte Berliner*innen, mitnichten auf jedes Ladengeschäft und schon gar nicht jedes Lokal/jede Kneipe zu.

Innenansicht Südblock in Berlin Kreuzberg
Der Südblock - Ein Zuhause für alle // Foto: © Charlie Spiegelfeld

Last but not least, noch diverse Orte und Fassaden, mit denen mensch womöglich gar nicht gerechnet hätte. So gehen die Autoren bei ihrer Auswahl durchaus kreativ vor – was nun nicht mit Schummelei verwechselt werden sollte. Eher sorgt es für manche eine Überraschung, ergibt zumeist Sinn, wie wir am Beispiel von... Ach, nee... Lasst auch ihr euch einfach überraschen!

Der Ton von Steven Meyer und Christopher Ferner ist dabei immer zugewandt. Manches Mal gibt es eine kleine Anekdote bzw. einen FunFact zum Ort, hin und wieder einfach „nur“ eine Beschreibung und kleine Geschichtsstunde. Da geht es nicht immer einhundertprozentig korrekt zu, meist aber doch. Und wir Berliner*innen drücken doch gern mal ein Auge zu. Warum sollte das nur bei Verspätungen zu oder von Dates zutreffen?! Eben!

Ansicht The Knast des Künstlerkollektivs prideArt
Kunst statt Häftlinge: Im "The Knast" ist das Kollektiv prideArt zu Hause. Die Ausstellungen sind allein der Atmospähre wegen immer einen Besuch wert // Foto: © Charlie Spiegelfeld

Ein schön bebildertes Buch mit so einigen Orten, die zum (erneut) Besuchen und Verweilen einladen, gern versehen mit Tipps zu Stoßzeiten und/oder Veranstaltungshighlights. Für Berliner*innen, Zugezogene, (regelmäßige) Besucher*innen und schlicht Neugierige. Sicher auch interessant für Heten (nur nehmt uns nicht unsere letzten Safe Spaces, es gibt reichlich straight-friendly Orte).

AS

PS: Next up als queerer Ort: Hamburg. Zuvor gibt's aber noch einen genauen Blick auf das neue schwule Auge/Gay Eye (worin sich überigens diverse Künstler finden, die bereits im The Knast ausgestellt haben).

PPS: Apropos Kneipen, die oben reichlich erwähnt sind: In Kürze befassen wir uns mal mit Bernd Imgrunds „111 Kölner Kneipen, die man kennen muss“...

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Eine Leseprobe findet ihr hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

Steven Meyer, Christopher Ferner (Texte), Charlie Spiegelfeld (Fotos): 111 queere Orte in Berlin, die man gesehen haben muss (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre); September 2023; ca 240 Seiten, ca. 55 Fotografien; Broschur; ISBN: 978-3-7408-1980-4; Emons Verlag; 18,00 €

Sujet Sachbuch

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