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Der Finsternisflug der Concorde

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Sternengeschichten Folge 649: Der Finsternisflug der Concorde

Am 30. Juni 1973 ist das Überschallflugzeug Concorde zu einem ganz besonderen Flug aufgebrochen. Das Ziel war die Beobachtung eines astronomischen Phänomens und man wollte es auf eine Weise beobachten, wie es noch nie zuvor beobachtet worden war. An diesem Tag hat es einen totale Sonnenfinsternis gegeben. Der Schatten des Mondes, der sich am Vormittag vor die Sonne geschoben hat, ist zuerst im südamerikanischen Guyana auf die Erde getroffen und dann über den Atlantik gewandert bevor er über Mauretanien, Mali, Niger, Tschad, Sudan, Uganda und Kenia gezogen und schließlich über dem indischen Ozean wieder verschwunden ist. Am längsten hat man die Verfinsterung der Sonne in Niger beobachten können, dort hat die sogenannte Totalität mehr als sieben Minuten gedauert, was außerordentlich lange für eine totale Sonnenfinsternis ist. Die nächste Totalität, die länger als sieben Minuten dauern wird, werden wir erst wieder im Jahr 2150 beobachten können.

Aber trotzdem waren diese sieben Minuten ein paar Leuten nicht lange genug. Im Mai 1972 hat der französische Astronom Pierre Léna Kontakt mit André Turcat aufgenommen. Denn Turcat war der Pilot, der am 2. März 1969 das erste Mal die Concorde geflogen hat. Und die Concorde war ein britisch-französisches Projekt zur Entwicklung eines Überschallflugzeugs für den Linienverkehr. Damals war dieser Linienverkehr zwar noch nicht aufgenommen worden, aber man hatte schon diverse Testflüge absolviert.

Die Idee von Léna war eigentlich recht simpel: Wir können eine Sonnenfinsternis vom Erdboden aus ja nur deswegen so vergleichsweise kurz beobachten, weil sich der Schatten des Mondes so enorm schnell bewegt. Und er bewegt sich deswegen so enorm schnell, weil der Schatten natürlich genau so schnell ist, wie der Mond auf seiner Umlaufbahn um die Erde. Der Mond bewegt sich mit über 3500 Kilometer pro Stunde, aber die Erde dreht sich ja auch um ihre Achse und auch das tut sie nicht langsam. Wie schnell sich der Mondschatten jetzt genau bewegt hängt davon, auf welcher geografischen Breite man sich befindet, wie der Pfad des Schattens genau verläuft, und so weiter - aber er ist auf jeden Fall immer sehr schnell; es sind auf jeden Fall immer mehr als 1500 Kilometer pro Stunde. Die Höchstgeschwindigkeit einer Concorde liegt aber bei etwas mehr als Mach 2. Also zweifache Schallgeschwindigkeit, was ungefähr 2200 Kilometer pro Stunde sind.

Oder anders gesagt: Wenn man eine Concorde in den Pfad der Totalität steuert, kann man quasi mit dem Schatten des Mondes mitfliegen. Vom Flugzeug aus kann man die verdunkelte Sonne sehr viel länger sehen als vom Erdboden aus und hat dann natürlich auch sehr viel mehr Zeit, um wissenschaftliche Messungen anzustellen.

Die Idee war einfach, die Umsetzung aber deutlich schwieriger. Nur weil man eine gute Idee hat, kriegt man nicht einfach so ein Überschallflugzeug für die Forschung zur Verfügung gestellt. Turcat war auf jeden Fall gleich begeistert und hat diese Begeisterung zu seinen Vorgesetzen bei Aérospatiale getragen, der Fluggesellschaft, die die französischen Concorde betrieben hat. Dort hat man mal provisorisch zugesagt und sogar noch zugesagt, die Kosten zu übernehmen. Immerhin wäre so ein spezieller Flug ja auch eine gute Werbung für die Concorde... Aber eine definitive Zusage wollte man erst später geben.

Concorde 001 (mit Logo des Finsternisflugs), Bild: Alan Wilson from Peterborough, Cambs, UK, CC-BY-SA 2.0 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Concorde 001 (mit Logo des Finsternisflugs), Bild: Alan Wilson from Peterborough, Cambs, UK, CC-BY-SA 2.0

Pierre Léna hat trotzdem schon angefangen, die Sache vorzubereiten. Denn wenn man echte Wissenschaft betreiben will, kann man sich nicht einfach ins Flugzeug setzen und aus dem Fenster schauen. Man braucht Messinstrumente und die müssen erstens ins Flugzeug passen, sie müssen zweitens die Erschütterungen beim Start aushalten und dann müssen sie drittens auch noch in der Lage sein, das zu beobachten, was man beobachten will. Und da hat es ein kleines Problem gegeben. Aus Sicht des Flugzeugs auf seinem Weg über Afrika hat sich die verfinsterte Sonne im Zenit befunden, also genau darüber. Aber ein Flugzeug hat normalerweise keine Fenster in der Decke. Die Fenster sind seitlich, aber von dort aus hätte man die Sonnenfinsternis nicht sehen können. Also mussten neue Fenster in der Decke installiert werden...

Pierre Léna hat auch angefangen, andere Forscher zu diesem speziellen Flug einzuladen. Eine Concorde kann zwar nicht so viele Menschen transportieren wie ein normales Flugzeug, aber wenn nur André Turcat und Pierre Léna mitgeflogen wären, wäre das schon eine ziemliche Platzverschwendung gewesen. Am Ende wurden Teams vom französischen Institut für Astrophysik, den amerikanischen Kitt Peak National Observatory und dem Los Alamos National Observatory, der englischen Queen Mary Universität London und der Uni Aberdeen in Schottland eingeladen. Es sollten fünf unterschiedliche Experimente durchgeführt werden.

Pierre Léna selbst war vor allem an der sogenannten "F-Korona" interessiert. Die Korona ist die äußerste Atmosphärenschicht der Sonne, die wir von der Erde aus nur während einer Sonnenfinsternis beobachten können. Sie ist zwar sehr ausgedehnt, ihre Helligkeit ist aber nicht sehr groß. Das heißt, normalerweise wird sie vom Rest des Sonnenlichts überstrahlt, nur wenn der Mond den Großteil dieses Lichts abschirmt, können wir das Leuchten der Korona sehen. Und die "F-Korona" ist der Teil der Korona, der von Staub erzeugt wird, der die Sonne umgibt. Das Sonnenlicht wird am Staub gestreut und aus seiner Analyse kann man dann zum Beispiel Rückschlüsse auf die Herkunft des Staubes ziehen. Der wird unter anderem von Kometen verursacht, die in Sonnennähe zerbrechen und je genauer man die Strukturen im Licht der F-Korona versteht, desto mehr können wir auch die entsprechenden Prozesse verstehen. An der Queen Mary Universität war man mehr an den innersten Bereichen der Korona interessiert, das Los Alamos National Observatory wollte das Infrarotlicht der Sonnenkorona beobachten, was vom Erdboden aus gar nicht geht, egal wie lange eine Sonnenfinsternis dauert, denn die Infrarotstrahlung aus dem All wird von der Atmosphäre blockiert und man muss ins All oder zumindest so weit nach oben, wie man mit einem Flugzeug kommt, wenn man sie beobachten will. Das Kitt Peak National Observatory wollte sich die Chromosphäre der Sonne anschauen, eine weitere der äußeren Atmosphärenschichten, und herausfinden, wie sich die verschiedenen Bereiche dieser Schicht unterscheiden. Und die Uni Aberdeen hat sich das diffuse Leuchten des Himmels angesehen, das entsteht, wenn die Atome der Luft durch die Energie der Sonne angeregt werden und dann Strahlung abgeben. Was sie dann natürlich auf eine andere Art tun als vorher, wenn eine Sonnenfinsternis stattfindet.

Jede Menge Arbeit also und keine Zeit, um den Flug zu genießen. Aber würde der überhaupt stattfinden! Ja, würde er! Die Zusage der Fluggesellschaft kam zwar erst im Februar 1973, aber zum Glück war alles gut vorbereitet. Die umgebaute Concorde 001, also genau der Prototyp mit dem Turcat den ersten Flug einer Concorce überhaupt absolviert hat, stand bereit und um exakt 10:08 Ortszeit ging der Flug los, von Las Palmas auf Gran Canaria. Am Steuer saßen André Turcat und sein Kopilot Jean Dabo und über Mauretanien, bei einer Flughöhe von über 17 Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von knapp über Mach 2 traf man auf den Schatten des Mondes. Die Experimente starteten und alle waren beschäftigt bis die Concorde im Tschad landete. Dazwischen hat sich das Flugzeug 74 Minuten lang im Schatten des Mondes befunden, es war die längste Sonnenfinsternis die irgendjemand bis dahin beobachten konnte.

Und hat sich das alles gelohnt. Na ja. Die Ergebnisse der Experimente sind in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht worden. Aber sie haben keinen sonderlich großen Einfluss auf die astronomische Forschung gehabt. Es ist nichts revolutionäres entdeckt worden, nichts, was die Wissenschaft in eine dramatisch neue oder überraschende Richtung gebracht hat. Pierre Léna hat das später so zusammengefasst: "[Die Experimente] spielten ihre Rolle im normalen Fortschreiten des wissenschaftlichen Wissens, aber es muss gesagt werden, dass es keine außergewöhnlichen Ergebnisse gab. Alle fünf Experimente waren erfolgreich, aber keines von ihnen revolutionierte unser Verständnis der Korona".

Tja. Aber Wissenschaft kann halt nicht immer alles über den Haufen werfen. Es war eine spektakuläre Expedition und die Menschen an Bord haben die Sonne länger verfinstert gesehen als alle anderen zuvor. Aber wenn es diesen Finsternisflug der Concorde nicht gegegen hätte, hätte die Wissenschaft vermutlich genau so weiterfunktioniert wie sie es mit den Experimenten getan hat. Aber wie gesagt: So ist Wissenschaft; man weiß vorher nicht was rauskommt und deswegen muss man es probieren.

Die Verfolgung der Sonnenfinsternis im Juni 1973 mit einer Concorde war einzigartig. Und sie wird einzigartig bleiben. Abgesehen davon, dass die Concorde seit dem Jahr 2003 nicht mehr fliegt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch kein anderes Überschallflugzeug mehr zur Beobachtung einer Sonnenfinsternis eingesetzt werden. Zumindest nicht aus wissenschaftlichen Gründen. Von der Erde aus haben wir mehr oder weniger alles erforscht, was sich während einer Sonnenfinsternis sinnvollerweise erforschen lässt. Um Informationen über die Korona und der anderen äußeren Schichten der Sonnenatmosphäre zu gewinnen haben wir mittlerweile andere Möglichkeiten. 1995 flog zum Beispiel das Weltraumteleskop SOHO ins All. Diese Mission der Europäischen Weltraumagentur ist explizit dafür gemacht, die Sonne und vor allem ihre Korona zu messen und das jederzeit, nicht nur wenn eine Finsternis stattfindet. Wir haben jede Menge andere Teleskope im All, die die Sonne im Blick haben. Und wenn es hier auf der Erde wieder eine Sonnenfinsternis zu sehen gibt, müssen wir uns nicht um Wissenschaft kümmern, sondern können dieses Naturschauspiel einfach nur genießen.

Sujet Astronomie

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