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Beryllium, Bor und die kosmischen Teilchenbeschleuniger

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Sternengeschichten Folge 653: Beryllium, Bor und die kosmischen Teilchenbeschleuniger

Die chemischen Elemente Bor und Beryllium tauchen in unserem Alltag nicht sonderlich oft auf. Sollte man zum Beispiel Bor einmal zu Gesicht bekommen, ist es vermutlich ein unscheinbares braunes Pulver. Es wird manchmal in Waschmittel verwendet oder in Pflanzenschutzmitteln - aber im Gegensatz zu Elementen wie Sauerstoff oder Eisen ist es nicht sonderlich prominent. Das selbe gilt für das Leichtmetall Beryllium. Wer nicht zufällig einen Gammastrahlendetektor oder einen Kernreaktor zuhause rumstehen hat, wird kaum auf Beryllium treffen. Aber aus astronomische Sicht sind diese beiden chemischen Elemente definitiv spannend.

Ich habe hier im Podcast ja immer wieder Mal über die Entstehung der Elemente gesprochen. Die beiden einfachsten Atome, Wasserstoff und Helium, sind direkt beim Urknall selbst entstanden. Andere, für uns Menschen wichtige Elemente wie Sauerstoff, Stickstoff oder Kohlenstoff werden durch Kernfusion im Inneren von Sternen gebildet. Wieder andere, wie Gold oder Silber, entstehen durch die hochenergetischen Prozesse bei Supernova-Explosionen oder der Kollision von Sternen. Manche, wie Radium oder Polonium entstehen, wenn andere Elemente radioaktiv zerfallen. Man könnte darüber streiten, was der wahre Ursprung solcher Elemente ist: Radium zum Beispiel bildet sich, wenn radioaktives Uran zerfällt. Uran selbst aber entsteht vor allem, wenn zwei Neutronensterne kollidieren. Und dann gibt es noch jede Menge Elemente, die wir nur kennen, weil wir sie selbst in unseren Teilchenbeschleunigern hergestellt haben.

Schaut man sich alle uns bekannten chemischen Elemente an, kann man für jedes davon den Prozess identifizieren, der am meisten zu seiner Existenz beigetragen hat. Helium zum Beispiel wird auch bei der Kernfusion im Inneren von Sternen produziert. Die absolute Mehrheit des Heliums im Universum stammt aber direkt vom Urknall. Aluminium wird im Inneren von großen Sternen gebildet, kann aber zum Teil auch bei Supernova-Explosionen entstehen. Für jedes Element gibt es einen dominierenden Prozess und die möglichen Prozesse habe ich vorhin aufgezählt. Zwei chemische Elemente tanzen aber aus der Reihe. Sie entstehen auf einem ganz speziellen Weg, der sich von den anderen Methoden unterscheidet. Es handelt sich natürlich um Bor und Beryllium und diese beiden Elemente verdanken ihre Existenz den kosmischen Teilchenbeschleunigern.

Der Ursprung der Elemente (Bild: NASA's Goddard Space Flight Center) (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Der Ursprung der Elemente (Bild: NASA's Goddard Space Flight Center)

Und damit sind natürlich keine Maschinen gemeint, die irgendwelche Aliens gebaut haben. Ok, ich kann jetzt nicht ausschließen, dass es so etwas nicht gibt - aber das ist definitiv nicht das Thema dieser Folge. Teilchenbeschleuniger, die hier wir auf der Erde gebaut haben, sind genau das, wonach sie klingen: Maschinen, in denen Atome oder subatomare Teilchen sehr stark beschleunigt werden. Dann bringt man diese Teilchen dazu, miteinander zu kollidieren und bei diesen Kollisionen können alle möglichen Sachen passieren. Aus der dabei freiwerdenden Energie können neue Teilchen entstehen und idealerweise sind es welche, die wir bisher noch nicht entdeckt haben. Teilchen können aber auch umgewandelt werden. Man kann zum Beispiel durch passenden Kollisionen dafür sorgen, dass ein paar der Bausteine eines Atomkerns aus diesem Kern quasi herausgeschlagen und entfernt werden. Protonen sind genau solche Bausteine und die Anzahl der Protonen bestimmt, um welches chemische Element es sich handelt. Wasserstoff hat immer ein Proton im Kern, Helium immer genau zwei, Lithium immer drei, Beryllium hat vier Protonen und Bor hat fünf. Und so weiter: Bei 82 Protonen im Kern kriegen wir das Element Blei und wenn wir im Teilchenbeschleuniger drei dieser Protonen rauswerfen, dann landen wir bei einem Kern mit 79 Protonen, was nichts anderes als das chemische Element Gold darstellt. Oder anders gesagt: Wir können tatsächlich Blei in Gold verwandeln, aber natürlich nur in enorm geringen Mengen und absurd viel Aufwand. Reich wird man dadurch nicht, aber es demonstriert das Prinzip um das es hier geht: Lässt man Atomkerne ausreichend schnell aufeinanderprallen, kann man aus einem chemischen Element ein anderes herstellen.

Wo sind jetzt aber die Teilchenbeschleuniger im Weltall? Das ist einfach, davon habe ich in den vergangenen Folgen der Sternengeschichten schon oft erzählt. Jeder Stern leuchtet nicht einfach nur so vor sich hin, sondern schleudert auch ständig Teilchen aus den äußeren Schichten seiner Atmosphäre ins All. Auch andere astronomische Phänomene, wie zum Beispiel Supernova-Explosionen oder das, was in der Umgebung schwarzer Löcher passiert, können Teilchen enorm stark beschleunigen. Überall im All sausen diese Teilchen durch die Gegend und wir nennen das die "kosmische Strahlung", von der ich in Folge 317 ausführlich erzählt habe.

Die Teilchen der kosmischen Strahlung sind teilweise mit sehr viel mehr Wucht unterwegs als wir selbst in unseren besten Beschleunigern auf der Erde erzeugen können. Und wenn sie unterwegs auf irgendwas treffen, dann passiert genau das, was ich vorhin beschrieben habe: chemische Elemente können sich ineinander umwandeln. Dieser Prozess wird "Spallation" genannt und die von der kosmischen Strahlung verursachte Spallation ist genau der Prozess, dem wir die Existenz von Bor und Beryllium im Universum zu verdanken haben. Der Großteil der kosmischen Strahlung besteht aus Protonen, die ja nichts anderes als die Kerne von Wasserstoffatomen sind, dem häufigsten Element im Universum. So ein Proton kann jetzt zum Beispiel auf die Erdatmosphäre treffen und wenn es mit den dortigen Stickstoff- oder Sauerstoffatomen kollidiert, kann Bor entstehen, dass dann mit dem Regen auf den Erdboden gelangt. Solche Kollisionen können aber natürlich auch im Weltall passieren.

Hier läuft aber vermutlich ein Prozess ab, der eher umgekehrt ist und deswegen auch "reverse Spallation" genannt wird. Denn das Weltall ist zwar sehr leer, aber nicht komplett. Zwischen den Sternen gibt es das interstellare Medium, von dem ich in Folge 79 mehr erzählt habe. Das heißt, auch überall im Raum zwischen den Sternen sind Atome und Moleküle, aber eben wieder vor allem Wasserstoff. Wenn wir Bor oder Beryllium durch Spallation herstellen wollen, müssen wir aber Teilchen der kosmischen Strahlung auf Atome schießen, die schwerer als Bor oder Beryllium sind. Sowas wie Stickstoff, Sauerstoff oder Kohlenstoff, wovon wir in der Atmosphäre der Erde jede Menge haben, im interstellaren Raum aber eher wenig. Aber wir wissen ja, dass Atome wie Kohlenstoff, Sauerstoff oder Stickstoff im Inneren von großen Sternen erzeugt werden. Und wenn diese großen Sterne dann ihr Leben beenden, tun sie das mit einer großen Explosion. Bei so einer Supernova werden diese Atome dann auch mit hoher Geschwindigkeit durchs All geschleudert und können dort dann auf die Wasserstoff- und Heliumkerne im interstellaren Medium treffen. Das Resultat ist das selbe wie vorhin: Bei der Kollision entstehen Bor und Beryllium, nur dass hier jetzt eben die schweren Teilchen auf die leichten abgefeuert werden - deswegen auch die Bezeichnung "reverse Spallation".

Wasserstoff und Helium gab es ja schon von Anfang an, direkt nach dem Urknall. Die ersten Sterne, die daraus entstanden sind, waren alle tendenziell groß und massereich und deswegen einerseits in der Lage, Elemente wie Kohlenstoff oder Sauerstoff durch Kernfusion zu produzieren. Andererseits leben solche massereichen Sterne aber auch nicht lange; sie sind also vergleichsweise schnell zu Supernovae geworden. In der Kindheit des Universums gab es also beste Bedingungen für jede Menge Kollisionen, bei denen Bor und Beryllium entstehen konnten. Und auch heute laufen diese Prozesse natürlich immer noch überall ab, denn Supernova-Explosionen sind zwar nicht mehr so häufig, aber sie passieren immer noch ständig im Universum.

Beryllium und Bor sind vergleichsweise seltene Elemente auf der Erde. Aber das liegt eben genau an diesem sehr speziellen Prozess, der diese Elemente erzeugt hat. Der Großteil des Bor und Berylliums das wir hier bei uns finden, ist im Weltall entstanden, durch die Kollisionen zwischen Teilchen der kosmischen Strahlung und lange bevor sich das Sonnensystem gebildet hat.

Ich finde so einen Blick auf das Universum extrem spannend. Angefangen hat alles vor fast 14 Milliarden Jahren, mit jeder Menge Wasserstoff und ein bisschen Helium. Aber dann haben sich daraus Sterne gebildet und die Sterne haben aus Wasserstoff und Helium neue Elemente gemacht, die es vorher nicht gegeben hat. Die Sterne sind explodiert, ihre Überreste sind kollidiert, die kosmische Strahlung hat die interstellare Materie bombardiert, Atome sind radioaktiv zerfallen und am Ende haben wir ein Universum mit einer enormen Vielfalt an chemischen Elementen und erst durch diese Vielfalt konnte so etwas wie Leben und wir Menschen überhaupt erst entstehen. Zu sagen, dass Leben das ist, was passiert, wenn man Wasserstoff einfach nur lange genug sich selbst überlässt, ist nicht ganz korrekt. Aber es ist auch nicht weit von der Wahrheit entfernt.

Sujet Astronomie

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