#47 Spinner

Feb. 2025 - Die Post aus Dachau kommt mit Steady (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)❤️ sicher bei Dir an.
Es ist Donnerstag. Du liest #47 ”Post aus Dachau”, den wöchentlichen Kultur-Newsletter von Stadtführung mit Matthias (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) in Dachau & München. Als Gästeführer weiß ich was in der Stadt los ist. Und was sich lohnt. Willst Du auch?
Diese Woche nur für “grüne und linke Spinner”. Wird Dachau seiner Verantwortung gerecht? Nachlese zum Weltgästeführertag. Im Glanz des Adels. Lüge im Rampenlicht.
Servus,
gehörst Du schon zur “Mehrheit der Bevölkerung, die gerade denke und alle Tassen im Schrank habe” oder noch zu den “grünen und linken Spinnern auf dieser Welt"?
Wenn Du Dich zu den etwa 18 Mio. Menschen in Deutschland zählst, die am vergangenen Sonntag bei der Bundestagswahl ihr Kreuz bei SPD, Grüne oder Linke gemacht haben, dann will “Bundeskanzler in spe” «Fritze» Merz für Dich in den kommenden vier Jahren keine Politik machen.
Stattdessen kritisierte er in seiner Wahlkampf-Abschluss-Rede am Samstagabend im Münchner Löwenbräukeller jene Demonstrationen, die es in den vergangenen Wochen vermehrt gegeben hatte. So etwa “Demokratie braucht Vielfalt” am 2. Februar in Dachau, an der sich etwa 5.000 Menschen beteiligten und “Demokratie braucht Dich” am 8. Februar in München mit bis zu 320.000 Teilnehmer*innen.
Ob der Hochsauerländer nur das hochprozentige bayerische Bier nicht vertragen hat oder meinte, mit solchen Aussagen, dass zweitschlechteste Bundestagswahlergebnis aller Zeiten seiner Union noch abwenden zu können? Ich weiß es nicht.
Fakt ist, dass sich dieser Bierzeltpopanz á la “Landesvater” Markus Söder nur einreiht, in eine besorgniserregende Vielzahl von Diffamierungen in den letzten Wochen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen und Menschen. Das Rückgrat einer vielfältigen, gerechten und offenen Demokratie. Am Ende nutzte dieses politische Schmierentheater wieder einmal nur der AfD. Auch in Dachau.
Die in Teilen rechtsextreme Partei hat ihr Ergebnis in Dachau im Vergleich zur Bundestagswahl vor vier Jahren verdoppelt. Bei den Zweitstimmen erreichte die AfD sogar 16,4% (2021: 10,6%). Direktkandidat Jürgen Braun erreichte bei den Erststimmen 15,5% (2021 Florian Jäger: 7,6%), wird selbst jedoch nicht der zukünftig zweitstärksten Fraktion im nächsten Bundestag angehören. Der Wahlkreis Fürstenfeldbruck-Dachau wird von CSU-Direktkandidatin Katrin Staffler (43,5%, 2021: 38%) und Michael Schrodi von der SPD (13,2%, 2021: 17,7%) vertreten.
Hier findest Du alle Ergebnisse aus «Dachau» (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) und «München» (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Auch wenn die Dachauer CSU und Katrin Staffler mit ihrem Wahlsieg auf den ersten Blick zufrieden sein dürften, gibt es doch Grund zur Mahnung.
Gerade in Dachau erschüttert das starke Abschneiden der AfD die Zivilgesellschaft. Einst Synonym mit dem Appell "Nie wieder!", scheint sich das Blatt endgültig gewendet zu haben. Was bedeutet das für uns, wenn sich in Stadt und Landkreis so viele Wähler*innen für eine Partei entscheiden, deren Rhetorik und Positionen gefährlich nah an den unsäglichen Ideologien der Vergangenheit sind? Nun liegt es in unserer Hand, die demokratischen Werte zu verteidigen und klar gegen jede Form von Extremismus Position zu beziehen.
In zwei Monaten sollen Gäste aus der ganzen Welt, darunter die letzten Überlebenden der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, den 80. Jahrestag der Befreiung des ersten Konzentrationslagers begehen. Jahrzehntelang haben dort ehemalige KZ-Häftlinge dafür gekämpft, dass man sich an die Verbrechen erinnert, die ihnen angetan wurden.
Die Hauptverantwortung für diese Entwicklung trägt die Union. Und mit ihr auch die Dachauer Wahlkreisabgeordnete Katrin Staffler. Mit einem unnötigen, wie europarechtsverstoßenden Antrag zur Migrationspolitik hob auch sie zusammen mit den AfD-Abgeordneten die Hand. Die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens, das im Bundestag auf dem Tisch lag, lehnte sie dagegen kategorisch ab. So verschieben sich die Grenzen des Sagbaren immer weiter nach rechts.
Die CSU begeht seit Jahren vor Wahlen immer wieder denselben Fehler: Mit scharfen rhetorischen Attacken gegen Geflüchtete, Grüne oder Arbeitslose versucht sie, potenzielle Wähler*innen einer reaktionären Partei “abzufischen”. Auch im Landkreis Dachau gibt es bis auf den Hebertshausener Bürgermeister Richard Reischl kaum CSU-Politiker, die sich gegen die Parteilinie des Oberscharfmachers Markus Söder positionieren.
Selbstreflexion? Eigenkritik? Fehlanzeige. Weder bei vergangenen Landtags- als auch Bundestagswahlen gab es einen Zugewinn bei der CSU. Im Gegenteil: Profitiert hat am Ende immer das Original, die AfD. Auch diesmal sind mehr als eine Million Wähler*innen von der Union zur AfD abgewandert.
Die nächste böse Überraschung kommt bereits mit Ansage: bei der Kommunalwahl im März 2026.
Statt “klarer Kante gegen Rechts” folgt die “Retourkutsche” nach den Kundgebungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Ein Grund für die kleine Unions-Anfrage «Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen» (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) mag der ad-hoc-Protest mit Demonstrationen gegen Oppositionsführer Merz gewesen sein, nach dessen Entschließungsantrag, für den er die Stimmen der AfD in Kauf genommen hat.
Inmitten einer aufgeheizten politischen Atmosphäre, in der Hunderttausende gegen Rechtsextremismus und die Politik der Union protestierten, wirft nun diese Anfrage der CDU/CSU einen Schatten auf das zivilgesellschaftliche Engagement in Deutschland. Die Union hinterfragt in ihrer umfangreichen Anfrage die politische Neutralität von zahlreichen staatlich geförderten NGOs wie „Omas gegen Rechts“ und „Greenpeace“.
Diese Anfrage, die viele als Folge der Demonstrationen gegen die Migrationspolitik der Union betrachten, hat zu einem Sturm der Empörung geführt. Besonders von sozialdemokratischer Seite wird das Vorgehen als „grobes Foulspiel“ bezeichnet, das das Vertrauen in die Zivilgesellschaft untergräbt und die Arbeit progressiver Organisationen behindert.
Auffallend bei der vermeintlichen Neutralitätsdebatte der Union, dass sich diese ausschließlich auf Organisationen richtet, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Konservative Lobbyvereine würden ausgeklammert. Keine Fragen werden etwa zu wirtschaftsnahen Stiftungen oder der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung gestellt.
Während die betroffenen Organisationen die Vorwürfe deutlich zurückweisen und auf ihre transparente Finanzierung durch Spenden hinweisen, deutet die politische Landschaft auf eine zunehmende Spannung zwischen konservativen Kräften und zivilgesellschaftlichem Engagement hin. Diese Debatte ist von zentraler Bedeutung für die Erhaltung einer lebendigen, demokratischen Kultur, in der kritische Stimmen und gesellschaftliches Engagement nicht zum Schweigen gebracht werden dürfen.
“Die kleine Anfrage der Union ist eine gehässige Gegenwehr und Retourkutsche gegen die Demonstrationen. Die Anfrage werde die CDU selbst treffen – sie haben selbst Organisationen, die unterstützt werden". - Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder (bis 2024 Mitglied der SPD-Grundwertekommission)
Bleiben wir also wachsam und engagiert, denn die Frage, wie wir unsere Demokratie gestalten und schützen, betrifft auch Dich!
Weltgästeführertag
Auch in diesem Jahr durfte ich, am vergangenen Sonntag, wieder anlässlich des Weltgästeführertages, zum Motto «Verborgene Schätze», bei meiner Station am Max-Mannheimer-Platz, etwa 20 interessierte Teilnehmer*innen begrüßen. Herzlichen Dank an Alle die dabei waren (urspr. Ankündigung aus #46 «hier» (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)).

Solltest Du es dieses Jahr nicht geschafft haben oder gerne meinen diesjährigen Beitrag “Unser geschichtliches Erbe – das Dachauer Stadtarchiv” nochmal nachlesen wollen, findest Du diesen auf meiner Website (exklusiv für «Post aus Dachau» Subscriber).
Im Glanz des Adels
Eine Reise ins 18. Jahrhundert
Stell Dir vor, Du könntest in die faszinierende Welt des 18. Jahrhunderts eintauchen, in eine Zeit, in der Standeserhebungen die höchste Ehrung waren, die ein Herrscher seinen loyalen Dienern gewähren konnte. Diesen besonderen Moment erlebte der Münchner Franz Xaver Marcktreither im Jahr 1755, als er vom bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph in den Adelsstand erhoben wurde.

Mit einer prunkvollen Urkunde, die am 4. Juni jenen Jahres ausgestellt wurde, durften Marcktreither und seine Nachkommen sich fortan stolz "von Marcktreither" nennen. Diese Auszeichnung brachte nicht nur Ehre und Prestige, sondern öffnete auch die Tore zur exklusiven Hofgesellschaft.
Besonders spannend: Diese historische Urkunde hat kürzlich ihren Weg ins Münchner Stadtarchiv gefunden, ein großzügiges Geschenk aus Privatbesitz. Sie wird nun unter der Signatur DE-1992-FAM-1446 bewahrt und gilt als eines der beeindruckendsten Schmuckstücke der Sammlung.
Diese kleine Zeitreise enthüllt die Pracht vergangener Tage und zeigt, wie bedeutend solche Dokumente für unser kulturelles Erbe sind. Lass Dich von dieser Geschichte inspirieren und vielleicht animiert sie Dich ja zu einem Besuch im Stadtarchiv, um selbst in die Vergangenheit einzutauchen!
Lüge im Rampenlicht

Wenn am heutigen 27. Februar im Mediensalon der Stadtbibliothek im Motorama die „Lüge im Rampenlicht“ steht, wird die Bundestagswahl bereits vorüber sein. Trotzdem ist jetzt schon klar, dass es – wie bereits in Österreich und den USA – Behauptungen ohne Bezug zur Faktenlage und manipulative Narrative gegeben haben wird. Doch wie viel von beidem kann eine Gesellschaft aushalten? Wie viel Wahrheit braucht die Demokratie? Diese Fragen lotet Claudia Paganini von der Universität Innsbruck in ihrem Vortrag “Politische Kommunikation zwischen Fakten, Bullshit und Manipulation” aus. Beginn ist um 19.30 Uhr, der Eintritt zur Veranstaltung frei. Die Anmeldung erfolgt im Motorama, der Livestream steht auf der Webseite des Münchner Netzwerkes Medienkompetenz: www.interaktiv-muc.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
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Spendenaufruf
Der schreckliche Anschlag auf die ver.di-Demonstration am 13. Februar 2025 in München hat uns alle tief getroffen. An diesem Tag sollten Menschen friedlich für ihre Rechte einstehen können, doch das Geschehen endete mit über 30 Verletzten – darunter auch Kinder. Einige Verletzte kämpfen immer noch um ihr Leben, und es bricht einem das Herz zu sagen, dass zwei Menschen ihren Verletzungen erlegen sind.

Doch es sind nicht nur die körperlichen Wunden, die schmerzen. Viele der Anwesenden stehen unter einer großen psychischen Belastung. Diese schrecklichen Erlebnisse und Bilder werden sie noch lange begleiten.
Unser Mitgefühl ist bei allen Betroffenen und ihren Familien, und wir wünschen ihnen von Herzen eine schnelle und vollständige Genesung. Aber Mitgefühl allein reicht nicht aus. Es ist an der Zeit, aktiv zu werden und Solidarität zu zeigen!
Aus diesem Grund startet der Verein „Gewerkschaften helfen e.V.“ einen dringenden Spendenaufruf. Es geht darum den betroffenen Kolleg*innen sowie ihren Familien in dieser schweren Zeit zur Seite zu stehen. Sie brauchen unsere Unterstützung, sei es für medizinische Versorgung, die Neugestaltung ihres Alltags oder einfach, um neuen Mut zu schöpfen.
Jeder Beitrag zählt und ist ein starkes Zeichen der Gemeinschaft. Ein Zeichen dafür, dass wir einander in schwierigen Zeiten halten und gemeinsam stark sind. Wir können den Betroffenen zeigen, dass sie nicht allein sind.
Lass uns entschlossen und vereint gegen Hass und Gewalt auftreten und unsere Werte der Solidarität und Unterstützung hochhalten.
Danke für Deine Unterstützung!
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Freundliche Grüße aus dem ❤️ von Dachau,
Dein Matthias
Matthias Schüßler
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