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Inspiration oder Mutkiller?

Über gut gemeinte Mutkiller und warum ich lieber schlecht schreibe als gar nicht.

Neulich wühlte ich mich auf der Suche nach Inspiration durch die Podcast-Landschaft auf Spotify, es kann ja nicht schaden, sich mal umzusehen, bevor man selbst aktiv wird. Also tippte ich das Stichwort "Schreiben" in die Suchleiste ein und scrollte bis mich ein Titel ansprach. Der Podcast wird gehostet von einer Autorin, die schon einige Veröffentlichungen vorweisen kann und laut Beschreibung auch über Umwege zum Schreiben kam. Das klingt interessant, die Folgen sind auch recht kurz gehalten und es gab keinen Grund nicht hineinzuhören.

Folge eins und zwei fand ich ganz ansprechend, aber in Episode drei ging es dann plötzlich und ohne Vorwarnung ans Eingemachte. Fast unmittelbar nach der Begrüßung erklärt mir eine bisher eigentlich recht sympathisch klingende Stimme, dass ich gar nicht erst anfangen soll mit dem Schreiben, bevor ich mich nicht mit Verben, Konjunktiv, Zitiermethoden und anderen grammatikalischen Leichtigkeiten auseinandergesetzt habe. Als Lektorin kann ich mit all dem zwar etwas anfangen, aber ich habe sofort diesen Podcast ausgemacht und musste kurz innehalten. Hat sie nicht gesagt! In einem Podcast für Menschen, die mit dem Schreiben beginnen möchten, die vielleicht noch nie vorher geschrieben haben, die womöglich von ihren Lehrer:innen zu hören bekamen, dass sie sowieso alles falsch machten und die nach einer Hand suchen, an der sie sich festhalten können, bis sie sich alleine an Stift und Notizbuch wagen. Ich war einfach fassungslos. Ich bin es immer noch! Denn selbst ich, mit halbwegs Ahnung von starken und schwachen Verben, war sofort entmutigt. Zumindest für einen Moment.

Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und gerade wenn man den großen Roman anstrebt auch mit etwas Struktur an die Sache zu gehen. Eventuell wäre das Stoff für Folge 20. Abgesehen davon denke ich, dass es ja Menschen gibt, die sich ausschließlich damit befassen, Geschichten auch grammatikalisch zu formen und mit korrekter Rechtschreibung auszustatten. Lektor:innen zum Beispiel. Um seinen Wortschatz zu erweitern und ein Gefühl für Sprache und Satzkonstruktionen zu bekommen, sollte man als Schriftsteller:in einfach lesen. Lesen und Schreiben. Denke ich zumindest, dabei lesen die meisten Menschen, die schreiben möchten meist ja auch selbst gerne. Oder ist das ein Vorurteil?

Dieser beschriebene Teil und das tatsächliche Handwerk von Schriftsteller:innen sind meiner Meinung nach zwei Paar Schuhe. Man kann als Autor:in lernen, wie man Figuren zum Leben erweckt, eine Idee zur Geschichte macht und welche Besonderheiten in welchem Genre zu beachten sind, damit man die Leser:innen abholt. Das macht Sinn und ich glaube, dass an einem gewissen Punkt auch das Verlangen in uns aufsteigt, sich dieses Wissen anzueignen, damit unsere Geschichten lebendig werden. Aber mein einziger Rat, den ich wirklich aus tiefster Überzeugung ganz allgemein weitergeben möchte, ist: Wenn du schreiben möchtest, dann schreibe ohne Rücksicht auf grammatikalische Verluste! Wenn du eine Idee hast, die noch nicht ganz ausgereift ist, dann schreib sie auf – das Schreiben ist ein Prozess und nichts, was man von Beginn an perfekt zu beherrschen hat. Diejenigen, die ein Instrument spielen, eine Sportart ausüben oder zeichnen, etc., wissen: Übung macht den Meister und die Meisterin! Stell dir vor, du könntest einfach alles von Anfang an perfekt: Wie sinnlos wären Musikunterricht, Tanzstunden, Malkurse, Tutorials auf Youtube – etwas Neues zu beginnen kostet Mut. Mut und Milde mit sich selbst. Man macht sich verletzlich, wenn man sich an neue Dinge wagt, aber es ist genauso aufregend und schön, Entwicklungen zu erleben und unterwegs die kleinen Erfolge zu feiern.

All diese kleinen Schritte, das Scheitern, die Rückschläge und der ein oder andere Tränenausbruch (bei mir zumindest) gehören zum Schreiben wie das Wort. Und weißt du was? Das hört auch nicht auf. Also, ich glaube, dass kreative Menschen immer, in jeder Phase und ganz gleich wie erfolgreich sie bisher waren, mit diesen Dingen rechnen müssen. Weil sie dazugehören. Es gehört dazu, schlecht zu schreiben, den falschen Ton anzuschlagen und sich in Ideen zu verstricken, die letztendlich ins Nichts führen. Erlaube dir, schlecht zu schreiben. In vielen schlechten Geschichten steckt eine höhere Chance auf eine gute Szene, als in Worten, die nie geschrieben wurden.

Damit hier nicht der Eindruck entsteht, dass mir das alles immer gelingt: Ich muss mir das immer wieder sagen, mich überwinden, den Stift wieder in die Hand zu nehmen, obwohl ich mich beim Lesen meines letzten Kapitels frage, wie ich überhaupt auf die Idee komme, mich Schriftstellerin zu nennen. Jeden Tag aufs Neue. Das ist anstrengend und wunderschön.

Klingt, als bräuchte man ein ganz schön dickes Fell als Autor:in, oder? Ich glaube, dass es mir deshalb auch so schwerfällt, mein Geschriebenes tatsächlich auch zu veröffentlichen – damit macht man sich schließlich verletzbar, denn das Schreiben ist eine sehr intime Kunst, wie ich finde. Nicht auszudenken, wie demotivierend es sein wird, wenn das eigene Werk von anderen in der Luft zerrissen wird, wenn nur eine negative Bewertung im Internet darüber zu lesen sein wird. Davor graut es mir schon. Und vor allem auch vor ungefragten Ratschlägen, die einzig und alleine bei den Absender:innen ein gutes Gefühl auslösen und bei mir schlichtweg als Mutkiller fungieren. Dass Menschen so begeistert von meinem Geschriebenen sein könnten, dass sie es positiv bewerten, empfehlen, verschenken – und zwar ohne jegliche Ironie oder beim Schrottwichteln – kommt mir gar nicht in den Sinn. Das ist wahnsinnig schade und ich arbeite daran. Nein, nicht an meinem dicken Fell oder daran, so zu schreiben, dass es alle mögen (ein Ding der Unmöglichkeit!), sondern daran, meine Kunst zu zeigen. Daran, okay damit zu sein, wenn jemand das, was ich schreibe, nicht mag. Und daran zu glauben, dass jemand meine Geschichten gut, toll, außerordentlich großartig findet – daran, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Denn wenn ich es selbst nicht für möglich halte, einen Bestseller nach dem anderen zu schreiben, wie soll ich es dann schaffen?

Ich bin kein großer Fan von Glaubenssätzen und man wird mich sicher nicht morgens vor dem Spiegel stehend dabei erwischen, wie ich positive Affirmationen spreche. Aber ich denke, dass durchaus Kraft in meinen Gedanken steckt und ich meinen Erfolg als Schriftstellerin damit zumindest teilweise lenken kann. Das heißt also, ich blockiere meinen Erfolg gerade selbst, weil ich es nicht schaffe, ihn für möglich zu halten. Wie bescheuert wäre das denn? Ich verbaue mir den Traum vom Erfolg als Schriftstellerin selbst? Das kann ich nicht mit mir vereinbaren.

Also, wie glaubt man denn an sich selbst? Nun, ich habe erst einmal mit einem digitalen Visionboard begonnen. Schaden kann es nicht und ich hatte durchaus Spaß bei der Erstellung. Jetzt nutze ich es als Hintergrundbild für Handy und Laptop, damit ich zumindest nicht vergesse, was ich noch so vorhabe. Was das Schreiben angeht... Ich denke, dass ich das Schreiben und insbesondere das Teilen meiner Worte noch selbstverständlicher machen muss. Irgendwie sitzt jedes veröffentlichte Wort noch auf einem ziemlich hohen Thron und ich bin immer höchst nervös deswegen. Also übe ich weiter das Zeigen meiner Kunst und versuche diesem Vorgang Stück für Stück mehr Normalität zu verleihen. Denn es wird kaum jemand an meiner Tür klingeln und mir einen Buchvertrag anbieten, wenn niemand etwas von mir zu lesen bekommt, oder?

Also holen wir unser Kapital aus der Schublade! Machst du mit?

Bis nächste Woche!

Alles Liebe

deine Sarah

PS: Falls dir in letzter Zeit auch eher Mutkiller begegnet sind und du ein wenig Inspiration suchst, kann ich dir eines meiner Lieblingslieder empfehlen, das du mit einem Klick auf den Button bei Spotify findest:

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