Episode #50
How do you spell love?
Wie buchstabierst du Liebe, frag ich dich und ernte den verwirrten Blick, den ich wohl verdient habe.
Wie man’s spricht, zuckst du mit den Schultern und tust, was du immer tust, wenn du mit mir einem Raum bist: du schubst mit der Spitze deines Daumens Bilder und Texte vom unteren Rand des Displays über den oberen hinaus.
Wenn mir dadurch nicht die Möglichkeit geboten wäre, dich schamlos zu beobachten, wäre ich vielleicht sauer.
Ich nicke ein paar Mal in mich hinein.
Wie man’s spricht, denke ich und meine Zunge formt stumm ein L und meine Lippen ein B und was dazwischen fehlt ist eine Stimme, die ich nicht hab.
Du stützt den Kopf in die freie Hand, den Ellenbogen auf dem Knie. Ich frage mich, wie jemand, der so beschäftigt ist, so gelangweilt aussehen kann.
Meine Zunge berührt meine oberen Schneidezähne, wie sie das sonst auch tut, wenn ich Lieblingseis sage oder Larifari. Aber sie stößt nur taub gegen Zahnschmelz. Meine Lippen pressen sich aufeinander, bereit mit der richtigen Portion fischartigen Aufatmens auseinanderzuploppen, aber nichts passiert.
Du siehst aus wie ein Fisch, der aus dem Aquarium gesprungen ist, sagst du mit einem Lächeln in den Augen und ich verliere kurz den Faden meiner Existenz.
Das Display des Smartphones ist schwarz. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das jemals zuvor schon gesehen habe. Aber was wirklich noch nie passiert ist, kommt danach: Du siehst mich an statt durch mich hindurch.
Vielleicht bin ich ein Wal, der seine Herde verloren hat und jämmerlich auf einem Strand am Ende der Welt liegt, denke ich.
Du musst es laut sagen, meinst du.
Ich schüttle den Kopf.
Du wartest. Siehst dem Wal beim Sterben zu.
Wenn du es aussprichst, verstehst du es, sagst du leise.
Was, wenn es wehtut, frage ich noch leiser. Wieder wehtut, denke ich stumm.
Dann versuchst du es nochmal. Bis du die Buchstaben gefunden hast, die nicht wehtun.
Du rutschst bis zur Bettkante vor, beobachtest wie ich mich winde, nicke, den Kopf schüttle, nicke, mir auf die Zunge beiße. Dann greifst du nach dem Handy und stehst auf.
Mit der Türklinke in der Hand sagst du: Niemand kann dir sagen, wie man es buchstabiert. Man schreibt es wie man es spricht, aber jeder spricht es anders.
Dann bist du weg und nimmst jeden Grund mit überhaupt etwas zu sagen.
It happens either way (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) - OSKA
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