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Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Abonnent*innen,

auf Instagram habe ich es schon angekündigt, aber nun auch hier. Der Wochenrückblick macht Sommerpause. Das ist eine euphemistische Art, um zu sagen: ich brauche eine Pause. Diesen und die nächsten beiden Sonntage wird nur der Newsletter erscheinen, mit dem Wochenrückblick geht es dann am 11. September weiter wie gewohnt.

Es fiel mir nicht leicht, mir einzugestehen, dass ich gerade einfach keine Kraft habe und ein paar Projekte absagen bzw. pausieren muss. Das liegt vor allem daran, dass ich nicht akzeptieren wollte, dass meine Depression eben doch noch da ist und gerade einen zweiten (oder zwölften) Frühling erlebt. Trotz Medikamenten und Therapie. Aber sorgt euch nicht: denn dass ich das erkenne und die Konsequenzen ziehe (Pausen machen, mir Erholung zugestehen) ist ein immenser Fortschritt. Ich lebe seit Jahren mit dieser Krankheit und habe sie insgesamt ganz gut im Griff.

Trotzdem leben wir nicht nur in einer Leistungsgesellschaft, in der die Produktivität als wichtiges Erfolgskriterium gilt, sondern auch am Beginn einer "langen Rezession" (Wirtschaftswoche (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)), inkl. steigender Preise für Lebensmittel, Energie, Mobilität und so weiter. Es ist daher auch eine wirtschaftliche Entscheidung, zuerst die Projekte zu streichen (oder zu pausieren), die am wenigsten auf die Lebenshaltungskosten einzahlen.

Was ist das überhaupt für ein Wort, "Lebenshaltungskosten"? Die Kosten, um sich am Leben zu erhalten, sollten nichts sein, worüber sich Menschen Sorgen machen sollten. Nirgendwo auf der Welt übrigens. Im Englischen heißt lohnarbeiten "to make a living" und man fragt "what do you do for living?" und alles daran ist so falsch. Der Kapitalismus hat uns dazu gebracht, das normal zu finden und ein System zu (unter)stützen, in dem die Reichsten der Reichen Profite auf Kosten derjenigen machen, die ihr mühsam verdientes Geld oft ausschließlich für Wohnen und Essen ausgeben, to make a living eben. Deutsche Konzerne haben im ersten Quartal 2022 so viel verdient, wie noch nie (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).  "Allein die 40 Dax-Konzerne kamen auf einen Gewinn vor Steuern und Zinsen von 52,4 Milliarden Euro, das waren gut 20 Prozent mehr als im starken Vorjahr", schrieb das Handelsblatt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) Anfang August, als unser Finanzminister gerade die "Gratismentalität" derjenigen beklagte, die sich für einen bezahlbaren Öffentlichen Nahverkehr einsetzten.

Dass auch Spanien ein kapitalistisches Land ist, ist mir durchaus bewusst, dennoch hat die regierende Spanische Sozialistische Arbeiterpartei (die trotz des verheißungsvollen Namens eher sowas wie die SPD ist) gerade eine zweijährige Übergewinnsteuer beschlossen, mit der u.a. der kostenlose Nah- und Regionalverkehr finanziert werden soll. Schätzungsweise Vier Milliarden Euro wird Spanien in den zwei Jahren zusätzlich einnehmen. Die österreichische "Standard" rechnet sogar mit sieben Milliarden. (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) Um die Folgen der Teuerungen für die Bevölkerung abzufedern, führt das Land zudem eine Obergrenze für Mietsteigerungen ein, senkt die Mehrwertsteuer auf Strom um die Hälfte auf fünf Prozent, erhöht niedrige Renten um 15 Prozent sowie die Beihilfen für Schüler*innen und Studierende um monatlich 100 Euro. Auch der Mindestlohn steigt. Das alles ist möglich, weil Übergewinne von Energiekonzernen und Banken besteuert werden. In Deutschland erklärt uns stattdessen FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: "Es gibt keinen Übergewinn. Es gibt einen Gewinn oder es gibt keinen." Okay, nennt es wie ihr wollt, Hauptsache ihr knöpft endlich denen was ab, die ohnehin mehr als genug haben.

Und versteht mich nicht falsch, das hier ist Systemkritik. Ich bin als kinderlose Person, die weder Angehörige pflegt noch Schulden hat, nach wie vor in privilegierter Position, ich mache mir keine Sorgen um meine eigene fianzielle Situation. Aber man sollte eben selbst nicht am Hungertuch nagen müssen, um die Ausbeutungssysteme zu kritisieren. 

Auch wenn der Wochenrückblick ausfällt, möchte ich euch auf zwei Artikel hinweisen, die ich in dieser Woche lesenswert fand:

Die taz hat einen längeren Artikel über Mouhamed Lamine Dramé veröffentlicht, den Teenager, der in Dortmund von der Polizei mit einer Maschinenpistole erschossen wurde. (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

In einem Kommentar für die Deutsche Welle ordnet die finnische Wissenschaftlerin Minna Alander den vermeintlichen "Party-Skandal" von Sanna Marin ein und benennt, was wirklich hinter der Empörung steckt: Misogynie. (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Ich danke euch fürs Lesen und euer Verständnis für die Sommerpause. Wenn ihr mögt, könnt ihr meine Arbeit gerne mit einer Fördermitgliedschaft auf Steady unterstützen. Das geht schon ab 3€ im Monat.

Passt auf euch und einander auf,
eure erschöpfte Ulla

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