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„Hexen. Die unbesiegte Macht der Frauen“ von Mona Chollet, aus dem Französischen übersetzt von Birgit Althaler, ist kein magisches Zauberbuch, mit dessen Hilfe wir das Patriarchat durch ein paar magische Tricks oder unter Anwendung mystischer Formeln verschwinden lassen können. Dieses Buch ist auch kein trockener historischer Exkurs (gähn) oder gar eine farblose Nacherzählung anderer feministischer Werke (gähn²). Vielmehr handelt es sich hierbei um ein umfassend recherchiertes Sachbuch mit teils persönlichen Einblicken der Autorin und vor allem und ganz wichtig: um einen Aufruf zur Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Freiheit von Frauen, die nach wie vor der Willkür und Macht insbesondere weißer cis Männer unterworfen sind.

„Du musst nicht WITCH-Anhängerin sein. Wenn du eine Frau bist und es wagst, in dich selbst hineinzusehen, bist du eine Hexe.“ WITCH-Manifest (Women’s International Terrorist Conspiracy from Hell) New York, 1968.

Wenn wir an Hexen denken, haben wir ein oft negativ geprägtes klischeehaftes Bild vor Augen: Warze auf der Nase, ungebändigte Haare, dunkle Magie mit Zauberstab und rauchendem Kessel, einen Raben auf der Schulter, eine schwarze Katze am Bein, borstiger Besen, zurückgezogen lebend, männer- und kinderhassend, vielleicht noch eine Prise knittriger Altersfalten dazu, fertig ist die böse Hexe. Dieses Stereotyp ist ein gesellschaftliches Konstrukt, das sich besonders stark in der Hexenverfolgung der Frühen Neuzeit äußerte bzw. herausbildete. Es dient einzig und allein dem Zweck, Angst und Hass zu schüren. „Diese negativen Bilder bringen (…) Zensur und Selbstzensur und Einschränkungen hervor und im schlimmsten Fall Feindseligkeit, wenn nicht Gewalt.“ Zur Zeit der Hexenverfolgung wurden viele alleinstehende Frauen, die sich von gesellschaftlichen Erwartungen befreiten und/oder aufgrund ihres vielfältigen Wissens um Heilpflanzen und Kräutertränke als Bedrohung wahrgenommen bzw. zu einer solchen gemacht und als Hexe beschimpft, verfolgt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. (Natürlich ist das nur die mini mini Kurzversion.) Heute werden Hexen in Europa nicht mehr öffentlich gebrandmarkt, aber den Scheiterhaufen des Patriarchats gibt es noch immer. Auch im 21. Jahrhundert werden alleinstehende, selbstbestimmt lebende Frauen diskriminiert und unterdrückt. 

Mona Chollet verbindet in „Hexen. Die unbesiegte Macht der Frauen“ historischen Kontext mit modernem Feminismus, schreibt über Themen wie (freiwillige) Kinderlosigkeit, männerdominiertes Gesundheitswesen, Altern bei Frauen vs. Altern bei Männern und bringt so (!) viele Referenzen und Informationen ein, dass einem beinahe der Hexenkessel überkocht. Das ist unfassbar interessant, aber manchmal auch ein bisschen mühselig, weil sich die Autorin häufig wiederholt und von Leser:innen einiges an Konzentration und auch Vorwissen abverlangt, um inhaltlich folgen zu können. Als besonders spannend empfinde ich den Umgang mit magischem Stoff in der Popkultur, das streift Chollet allerdings nur am Rande. Dieses Buch lohnt sich dennoch sehr. Hexen sind cool. Hexen sind unsere feministischen Vorbilder. Wer sich jetzt fragt: „Wie werde ich eine Hexe?“, muss sich kein Pendel kaufen (ich war kurz davor, nachdem ich mir auf YouTube diverse Dokus angesehen hab und es einfach mal ... ausprobieren? ... wollte), die Wohnung räuchern (wenn ihr darauf Bock habt: tut es dennoch gerne, euch sind keine Grenzen gesetzt) oder darauf hoffen, dass eure Tanten maybe Hilda und Zelda sind und ihr eines Tages schwebend im Bett aufwacht und aus allem eine Ananas zaubert. Die viel einfachere Antwort lautet: Be your own witch! „Die Hexe verkörpert die von jeglicher Dominanz, von jeglichen Begrenzungen befreite Frau; sie ist ein anzustrebendes Ideal, sie weist den Weg.“ Wir alle dürfen und sollten die Hexe in uns wecken und unsere Macht und Stärke nutzen. Das Patriarchat soll brennen.

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