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Der Rothirsch (Cervus elaphus)

Die Spuren im Schnee führten schnell zu den Übeltätern. Im Winter 1880 töteten Männer aus dem umliegenden Dorf Grüppenbühren den wohl letzten lebenden Rothirsch im Oldenburger Land. Seit sechs Jahren wurde das Tier in einem Gatter bei der Jagdhütte im Hasbruch-Wald als eine Art von Attraktion gehalten.

Der Rothirsch war da bereits fast ein lebendes Fossil. Als vermeintlicher Schädling für Land- und Forstwirte war er am Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Deutschland fast ausgerottet. Obwohl er eigentlich die offene abwechslungsreiche Landschaft liebt, überlebten wenige Exemplare weit zurückgezogen in dichten unzugänglichen Wäldern immer auf der Hut vor Jägern.

Seine Rettung kam letztlich von ganz oben. War doch die Jagd auf Rothirsche und das riesige Geweih als Trophäe für Adel und gesellschaftliche Oberschicht ein unverzichtbares Statussymbol. Statt die letzten Exemplare komplett auszulöschen wurden die Bestände so vielerorts mit Fütterung wieder aufgepäppelt. Zum Leidwesen des Großherzogs in Oldenburg war der Rothirsch in seinen Ländereien nicht mehr zu retten.

Heute ist der Rothirsch in Nordwest-Niedersachsen immer noch ausgestorben. Nur in Südost-Niedersachsen, also im Harz, in der Lüneburger Heide und im Weser-Bergland, sind die Wälder noch groß genug, um ihm genügend Schutz vor dem Menschen zu geben.

Eine Wiedereinwanderung in andere Regionen ist zu hundert Prozent ausgeschlossen, da der Rothirsch außerhalb der Wälder überall konsequent von Jägern abgeschossen wird.

Szenenwechsel

Der west-kanadische Ort Jasper im gleichnamigen Nationalpark ist ein beliebtes Revier für ein Rudel Wapiti-Hirsche. Wapitis sind enge Verwandte des europäischen Rothirsches in Nordamerika.

Ein junger Mann aus Europa sieht sich in den 1990er Jahren fasziniert um. Im ganzen Ort, auf den Straßen und vor allem auf den öffentlichen Grünflächen, sind Wapitis zu sehen.

Die Einheimischen machen große Bögen um die riesigen Hirsche; Touristen können sich gar nicht satt sehen an der eigentümlichen Szenerie. Auch für den jungen Mann aus Europa ist das ein fast unglaubliches und beeindruckendes Naturerlebnis – und das mitten in einer belebten Ortschaft.

Vor einem unbewaffneten Menschen haben diese Hirsche offenbar überhaupt keine Angst – eher im Gegenteil.

Warum auch? Im Nationalpark gibt es seit Jahrzehnten ein konsequentes Jagdverbot. Die männlichen Hirsche haben mit ihren großen und spitzen Geweihen eine lebensgefährliche Waffe dabei und selbst die Hirschkühe sind groß genug, um sich mit ihren Hufen effektiv gegen aufdringliche Menschen verteidigen zu können.

Und so kann jedermann diese faszinierenden Tiere aus nächster Nähe beobachten – mit gebührendem Sicherheitsabstand natürlich.

Neben diesen unvergesslichen Bildern nimmt der junge Mann von dort vor allem einen Gedanken mit nach Hause: Mit welchem Recht werden mir solche Erlebnisse in Deutschland verwehrt?

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