Der Globus ist zurück
In den 1960ern Jahren diente der Globus als Zigarettenbehältnis (Bild: Museum Digital (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Industriedenkmal Jakob Bengel & Frank Metzger, CC BY-NC-SA (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre))
Wo beim Gründerzeit-Fabrikanten das überdimensionale Tintenfass mit allerlei antikisierendem Zierrat auf dem Schreibtisch stand, war es spätestens ab den 1920er Jahren der Globus. Mal barock überladen, mal stromlinienförmig im Geschmack der fortschrittsgläubigen Avantgarde. Und in der luxuriösen chromlastigen Ausführung zog gar ein stilisiertes Flugzeug seine Bahnen um den Äquator. Die Botschaft war ebenso klar wie überheblich: Die Welt ist zu Ende vermessen und wird nun vom Handel und Tourismus erobert. Im besten Fall sollte dies ganz friedlich geschehen, so die Hoffnung. Und wer dem Ganzen eine ironische oder praktische Note geben wollte, füllte das Innere seines Globus mit Zigaretten oder einer Hausbar.
Bei James Bond versinnbildlichte der Globus oft die Weltbeherrschungsfantasien des jeweiligen Bösewichts (Bild: Diamantenfieber, 1971, Film-Still)
Nicht immer kam der Inhalt der Weltkugel so harmlos daher. Gerne beugten sich die Diktatoren der Jahrhundertmitte für ein Propagandafoto über strategische Karten (und privat über Modellbahnanlagen). Dieses Klischee wurde in der Filmindustrie oft ironisch gebrochen. Charly Chaplin spielte in seiner Hitler-Parodie auf fast rührende Weise mit einer aufgeblasenen Weltkugel. Und im James-Bond-Klassiker "Diamantenfiber" wurde am Globus sichtbar, wie ein Satellit die Zerstörung bringen sollte. Wenn dann noch rot blinkende Lämpchen dazu kamen, wussten die Zuschauer:innen, es drohte Gefahr.
Ab den 1980er Jahren schaffte es der Leuchtglobus rasch unter die Weihnachtsbäume und in die Jugendzimmer (Bild: PD, via piqsels.com (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre))
Für den Hausgebrauch, speziell für die Kinder- und Jugendzimmer musste in den 1950er und 1960er Jahren die Pappmaché-Ausführung genügen. Immerhin ging es mehr um Bildung als um Status. Das zunehmend angestaubte Image des Globus konnte in den 1980ern noch einmal durch die beleuchtete Ausführung aufgebessert werden. Dann geriet die Weltkugel für daheim langsam ins Abseits, um in den vergangenen Jahren auf den Flohmärkten eine zweite Chance zu erhalten. Denn einen Vorteil hat diese kleine Kugel: Sie zeigt die Welt als rundes gleichberechtigtes zerbrechliches Ding. Die Diktator:innen der Gegenwart begründen ihre Machtansprüche bezeichnenderweise mit den flachen Karten des 19. Jahrhunderts.