Regeln für das Schreiben und das Leben
Manchmal verwende ich Schreiben synonym mit Leben. Ich sage dann: »Dieses oder jenes hat mein Schreiben verändert.« oder: »Dieses oder jenes war gut für mein Schreiben.«
Das Schreiben ist sowas wie die Liebe meines Lebens und ich will eigentlich nie wieder was anderes machen (außer vielleicht winzigkleine Modelle von realen Orten bauen, aber in die Kommerzialisierbarkeit dieser Tätigkeit habe ich sehr wenig Vertrauen). Gloria Steinem war es, glaube ich, die gesagt hat, dass sie nur beim Schreiben nicht das Gefühl hat, etwas anderes machen zu wollen.
Writing is the only thing that when I do it, I don't feel I should be doing something else.
— Gloria Steinem
Ich habe immer schon geschrieben. Ich fand alles daran gut. Wie durch das Austauschen eines Adjektivs den ganzen Sound verändern kann, wie man durch ein Verb eine ganze Charakterisierung machen kann, wie man Leute bringt, Sachen zu fühlen, Sachen witzig oder traurig zu finden.
Mika erzählte mir neulich, dass ich bei unserer ersten Begegnung gesagt habe, dass ich schreiben will, weil es für mich leicht sei. Als sie mir das erzählte, erinnerte ich mich daran, dass Justin Timberlake mal in einem Interview gesagt hat, dass er es total leicht finde, einen Song zu schreiben, und ich dachte: and it shows.
Gerade lebe ich einen Lebenstraum: Ich habe ein Buch auf der Bestsellerliste.
Ich habe ein Thema behandelt, das hot ist, das Schlagzeilen macht, das die Leute emotionalisiert. Ich werde in Talkshows eingeladen und gebe Interviews und werde zur Projektionsfläche für alle möglichen Gefühle. Ich bekomme Hassmails, in denen steht, dass Alkoholiker der Abschaum der Gesellschaft sind, dass sie aus purer Selbstsucht Hunde treten und Kinder misshandeln. Ich bekomme herablassende Mails von alten, weißen Männern, die aus irgendwelchen Gründen Angst zu haben scheinen, dass ich ihnen ihren Wein wegnehmen will. Ich bekomme anzügliche Mails von Männern, die man halt so kriegt, wenn die mitkriegen, dass man existiert. Ich bekomme Nachrichten, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, wovon ich rede, weil ich ja gar keine richtige Alkoholikerin sei.
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