TEXTE VOM VORHANDENSEIN
TEIL 11: VOM VERBUNDENSEIN
für Leah, Micha, Tabitha, Jasmin und Sascha
Ich liebe am Schreiben, dass es ein einsamer Prozess ist. Und ich hasse am Schreiben, dass es ein einsamer Prozess ist. Die Momente, in denen Ideen entstehen sind meistens einsam und zeugenlos. Allein mit mir, meinem Notizbuch und Stift, manchmal mit Musik, oft mit Kaffee und Kippen, hin und wieder mit Wein. Einblick in das unfertige Werk, in Skizzen und Entwürfe habe ich jahrelang so gut wie niemandem gewährt. Und oft sind das auch schöne Momente. Beseelt mit einer Idee dazusitzen und sich daran zu freuen, wenn es zumindest halbwegs gelingt, sie aus dem Granitblock der Gedanken herauszuschreiben. Das liebe ich. Und gleichzeitg liebe ich es, mit anderen gemeinsam an Projekten und Ideen zu arbeiten.
Und ich habe bewusst begonnen, ausgewählte Menschen mit hinein in die unfertigen Fragmente zu nehmen. Aber schon davor, war es mir immer ein großes Anliegen, bei allem, was ich künstlerisch umgesetzt habe, irgendwie meine Freunde zu integrieren. Am deutlichsten wird das sicher hörbar auf unserer "INSOMNIA" EP (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), wo nach jedem Stück eine Antwort von einem meiner Spoken Word-Freunde zu hören ist.
Ungefähr 2 Jahre zuvor, Anfang 2019, saß ich mit einigen dieser Spoken Word-Kolleg*innen nach einer gemeinsamen Veranstaltung in einer Freiburger Kneipe. An diesem Abend haben wir beschlossen uns fortan als Team und nicht als Konkurrenz zu begreifen. Einander zu helfen und zu unterstützen. Uns gegenseitig anzufeuern und die Erfolge der anderen zu feiern, als wären es unsere eigenen. Das mag vielleicht etwas idealistisch, naiv und unrealistisch klingen, hat aber tatsächlich funktioniert. Aus dieser Kneipenidee ist eine kleine Gruppe von Menschen geworden, die einander Wegbegleiter*innen und Freund*innen geworden sind. Auf eine Weise, die ich nicht für möglich gehalten habe und die mich sehr dankbar und glücklich und hin und wieder auch ein bisschen stolz macht.
Ich glaube an Verbindung und Verbundenheit. Ich glaube nicht an Konkurrenzdenken und Einzelkämpfertum. Vielleicht ist Verbundensein und gemeinsam kreieren das beste, was Kunstschaffende einem kapitalistischen System entgegenhalten können. Wenn Du magst, schau doch gerne mal bei diesen großartigen Menschen vorbei und schau, oder hör Dir an, was sie schreiben, sagen und tun:
Leah Weigand (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Micha Kunze (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Tabitha Hanan (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Jasmin Brückner (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Sascha Kirchhoff (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Und hin und wieder kommt es sogar vor, dass wir uns nicht nur gegenseitig an unseren Prozessen teilhaben lassen, sondern, dass wir sogar gemeinsam an neuen Projekten arbeiten. Anfang 2020 haben Leah und ich ein gemeinsames Stück für ihr Album "Nur zur Erinnerung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)" geschrieben. Und irgendwie hatte ich den Eindruck, dass dieses Stück noch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Und so haben wir Micha gefragt, ob er Lust hat, ein Konzept für ein Video zu unserem gemeinsamen Stück "Geheimratsecken" zu entwerfen. Ein Stück über Freundschaft und Scham und die Angst, Menschen in die versteckten Nischen und unaufgeräumten Ecken unseres Lebens blicken zu lassen, obwohl genau das oft so hilfreich wäre.
Das Video haben wir im Donauhof in Wien gedreht. Ein ehemaliger Ballsaal, der mittlerweile der Projekt:Gemeinde als Raum für ihre Gottesdienste dient. Oder zwischendurch auch mal als Atelier für Künstler, wie Thomas Schrenk. Das war ein kurzer Schreckmoment, als wir kurz vorm Dreh festellen mussten, dass der Raum, in dem wir drehen wollten gar nicht frei ist. Im Nachhinein, war das aber das beste, was uns passieren konnte, weil das, was Thomas Schrenk dort aufgebaut hatte, die beste Kulisse war, die wir uns hätten wünschen können. Besonders beeindruckt hat mich auch da wieder, wie unkompliziert er damit einverstanden war, dass wir auch seine unfertigen Werke in unserem Video zeigen durften. Und damit schließt sich die Klammer eigentlich ganz perfekt zu meinen Überlegungen vom Anfang.
Das Video ist seit kurzem fertig und veröffentlicht und ich würde mich sehr freuen, wenn Du es Dir anschaust. Wir sind sehr stolz darauf, was wir als Freunde und im Kollektiv da gemeinsam entstehen lassen durften.
https://www.youtube.com/watch?v=6CFdVjMx7jU (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum ich Steady als Plattform so schön finde. Weil ich den Eindruck habe, dass es auch hier um Verbundenheit und gegenseitige Unterstützung geht. Idealistisch und ein bisschen naiv, dass soetwas tatsächlich funktionieren kann. Aber daran werde ich immer glauben.
Liebe Grüße und bleib neugierig <3
Marco
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