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Sturmfrei

Die Eltern meiner Freundin sind für ein ganzes Wochenende weggefahren. Das große Haus steht für zwei Tage und zwei Nächte leer. Vor Kurzem ist sie 15 geworden. Kombiniert bedeutet das, dass wir unsere erste richtige Hausparty schmeißen. Wir gemeinsam, als Clique. Wir planen wochenlang, im Französisch-Unterricht und in den Pausen. Wie kommen wir an Alkohol und wen laden wir ein? Wie bekommen unsere Eltern nichts davon mit, wie dekorieren wir das Haus, was gibt es zu essen? Wer schläft wo, und was ziehen wir an? Am Ende sind es an die zehn verschiedenen Listen, die wir tagein tagaus mit uns herumtragen, während unsere Aufregung dabei immer weiter steigt.

Am Tag der Party sind wir schon am frühen Nachmittag bei ihr. Wir stellen Möbel um, putzen und stellen kistenweise Bier kalt. Wir sortieren über 30 Dekohühner aus, die sich über das gesamte Haus verteilen, und verstecken sie im Vorratszimmer, versuchen, jegliche Häuslichkeit aus dem Haus zu fegen. Dann gehen wir hoch, machen die große Musikbox an und fangen an, uns fertig zu machen. Erst das Make-up, dann die Outfits. Wir leihen uns gegenseitig Kleidung und lassen uns viel Zeit. Jede von uns ist besonders, jede verdient den Moment. Am Ende machen wir eine Modenschau, nur für uns.

Solche Abende sind wichtig. Noch nicht lange, aber seit Kurzem sind sie es. Es geht um mehr als ums Feiern und Trinken. Es geht um sehen und gesehen werden. Es geht darum, sich zu präsentieren, aber nicht zu offensichtlich. Es geht darum zu zeigen, dass man locker ist und Spaß haben kann. Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln und manchmal vorzutäuschen, dass man schon welche hat. Und es geht darum, anfangs noch nicht zu wissen, wo die Reise endet. Ich glaube, es geht viel um Blicke. Um Blicke, die immer eine Mischung sind, aus gierig und abschätzig. Um Blicke von der potenziellen großen Romanze. Und um Blicke eines 17-Jährigen, der nichts weiter tut, und auch nichts weiter tun muss, als eben ein Junge zu sein und Mädchen wie mich anzuschauen. Dann weiß ich, ich habe es geschafft. Das ist das Spiel. Ein riesiges, aber unsichtbares Spiel, dem sich alle Mädchen um mich herum schweigend angeschlossen haben.

Am Morgen nach der Party wachen wir verkatert auf. Wir haben im selben Bett geschlafen. Sind ein Haufen junger, verschmolzener und müder Körper, die zu wenig Wasser und zu viel süßen Alkohol in sich haben. Als wir frühstücken, ist es 13 Uhr. Immer noch im Schlafanzug, sitzen wir auf dem Sofa, trinken O-Saft und wischen uns die letzten Make-Up-Reste aus dem Gesicht. Es ist wie ein Film, unser Leben ist aufregend. Die Jungs, die im anderen Zimmer geschlafen haben, kommen dazu. Wir lassen gemeinsam den Abend Revue passieren, lachen über alles, was passiert ist, lästern. Und das ist wohl das Beste, an solchen Abenden. Der Tag danach. An dem alle in Erinnerung schwelgen, so als wäre die Nacht viel weiter entfernt als sie tatsächlich ist. Was gibt es Verbindenderes, als ein gemeinsam geteiltes Erlebnis nochmal durchzugehen. Denn jeder hat den Abend ja ein bisschen anders gelebt. Und dann so lange zu quatschen, bis alle gemeinsam die Lücken gefüllt haben. Und am Ende liegt sie vor uns, die ganze Chronologie. Ein Freund zeigt mir ein Foto, das er in der Nacht gemacht hat. Auf dem Foto liege ich im Bett und schlafe. Und neben mir liegt ein Junge, wach. Er hat seine Hand in meine Hose geschoben und grinst. Jetzt ist die Chronologie vollständig.

Sujet #What I hated this week

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