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Noltes Notizen | 3. September 2021

Liebe KLup-Freund:innen,

"Krawall!" Wenn in unserem Newsroom eine Meldung aus den Agenturen aufploppt, die das Zeug zu mittelschwerem Revoluzzertum oder einem gewaschenen Aufreger-Thema hat, ruft mein Kollege Jens "Krawall!" - nicht ohne einen gewissen Spaß. So sind wir Journalist:innen halt auch. Nicht immer nüchtern und sachlich - was Kollege Jens als echter Nachrichten-Nerd definitiv perfekt beherrscht -, sondern ab und an auch mit Lust an ordentlich Stimmung in der Bude. 

Dann bewegt sich was, dann kommt Strom in die Tapete, es rappelt im Karton - und das liest der geneigte Leser, die geneigte Leserin eben auch gern, machen wir uns nichts vor. Rücktritte, umstrittene Äußerungen, provozierende Aktionen oder auf gut-katholisch schlichtweg "Ungehorsam" - da packen wir Journalist:innen gern an. Und Jens ruft "Krawall!". Und hat Spaß. Alle anderen für gewöhnlich auch. Denn sogenannte Aufreger bringen Reichweite. Und Reichweite heißt: Streicheleinheiten fürs Magazin. Und uns Schreiberlinge.

Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen

In der vergangenen Woche hatten wir mindestens zwei solcher "Krawall!"-Geschichten: Der Rücktritt des Pfarreirats von St. Liudger in Münster (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)- eine weitere Eskalation für die Teilgemeinde St. Stephanus, die seit Monaten über die Versetzung ihres Pastors streitet. Die Geschichte, die vor allem auf der nüchternen Pressemeldung des Bistums über das Faktum des Rücktritts basierte, hat viele interessiert. Öl ins Feuer wollen wir aber grundsätzlich nicht gießen. Die Gemeinde, die Pfarrei und die Gremien haben es verdient, endlich einigermaßen zur Ruhe zu kommen, meine ich. Wo aber neue Situationen entstehen, müssen und werden wir natürlich berichten. Über jedes Meinungs-Hin-und-Her sicherlich nicht.

Solche Abwägungen sind wichtig, darum sprechen wir im Newsroom immer wieder darüber: Welche Meldung bringen wir in Konfliktsituationen, welche bringt zwar mehr "Krawall!" in einen Streit, führt aber inhaltlich überhaupt nicht weiter? Welche Eskalation ist womöglich bewusst gezündet, um Politik zu machen?

Rrrrrrrrrums aus Regensburg

Heute gab es eine solche Entwicklung: Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer (Foto | Robert Kiderle, Synodaler Weg) hat eine eigene Online-Plattform mit seinen Vorstellungen über die für die katholische Kirche wichtige Zukunftsfragen ins Leben gerufen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) - zusammen mit einigen Mitstreitern wie etwa dem schillernden Bonner Stadtdechanten Wolfgang Picken. Der Grund: Sie sind mit ihren Vorstellungen beim Synodalen Weg (und den theologisch wohl durchaus nicht ungebildeten bischöflichen Mitbrüdern) nicht weitergekommen und wollen nun aus Sorge um die Kirche und die wahre Lehre eigenständig tätig werden - aus Gewissensgründen. 

Dazu gab es im Lauf des Tages weitere Meldungen der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA), Reaktionen der Bischofskonferenz, Reaktionen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), später ein Interview mit Bischof Voderholzer, und in unserem Mail-Eingang weitere Pressemitteilungen zum Thema. 

Wir haben uns schlichtweg auf die nüchterne Nachricht und die "Reaktionen" der Bischofskonferenz beschränkt ("wollen nicht kommentieren"), die ja nun einstimmig den Synodalen Weg beschlossen und initiiert hat, sowie des ZdK, das ihn maßgeblich mitgestaltet. 

Wir lassen uns nicht vor den Karren von Einzelinteressen spannen

Was mich bei unserer Entscheidung geleitet hat: Die Bischöfe haben den Synodalen Weg beschlossen. Die Synodalversammlungen sind der Ort für die inhaltliche Auseinandersetzung, für Ringen, für Streiten, für Synodalität. Dass dort nicht immer alle mit allem einverstanden sind, liegt in der Natur der Sache - und übrigens auch eines synodalen Prozesses. Wenn jetzt - mal wieder, Voderholzer ist der ständige Störer - jemand einen anderen Weg gehen will, soll er das konkret sagen: Sorry, Leute, ich bin da raus und mache mein eigenes Ding. 

Doch das tut Voderholzer ganz bewusst nicht, um nicht zu offensichtlich als Spalter dazustehen. Was stattdessen hier geschieht, ist nichts anderes Störfeuer, Kalkül und Strategie. Politik darf jeder betreiben - aber wir bei "Kirche-und-Leben.de" werden uns nicht vor diesen Karren von Einzelinteressen spannen lassen. Krawall um des Krawalls willen ist ganz sicher nicht unser Prinzip. Wir haben das Faktum gemeldet, und damit ist es gut. 

Mal schauen, wie es weitergeht. In der kommenden Woche werde ich für die Redaktion an einem sogenannten Hintergrundgespräch zum Synodalen Weg in Frankfurt teilnehmen. Solche Hintergrundgespräche sind in der hohen Politik genauso üblich, notwendig und hilfreich wie im kirchlichen Bereich. Sie dienen der vertrauensvollen Information, um das "große Ganze" besser einordnen zu können; sowohl Gastgeber als auch Gäste, wir Journalist:innen, behandeln diese Gespräche vertraulich. Über konkrete Inhalte wird nicht berichtet. Das ist State of the Art. 

Bis zur nächsten Synodalversammlung Ende des Monats jedenfalls kann noch viel passieren. Störfeuer, Krawall - und ebenso Ermutigendes. Von möglichen personellen Entscheidungen in Köln und Hamburg ganz zu schweigen.

Konfetti statt Krawall!

Aber es gab keineswegs nur Streiterei, mit der wir uns in der Redaktion beschäftigen mussten. Im Gegenteil! Gestern war ich es, der nicht "Krawall!" in den Newsrooms bölkte, sondern "100!" Tatsächlich sind wir im KLup jetzt dreistellig! Das freut uns ungemein. Mich persönlich umso mehr, als dieses neue Mitglied - soviel darf ich auch datenschutzkonform sagen - ein engagierter protestantischer Christ ist, der uns (wie er mir schrieb) "täglich mit großem Gewinn" liest. Solche ökumenische Reichweite tut mir überdies gut. Herzlich willkommen also Ihnen - wie auch den anderen, die in dieser Woche dazugestoßen sind. Wir danken aufrichtig für Ihre Unterstützung - wir brauchen sie, empfehlen Sie uns also gern weiter.

Vor lauter Begeisterung über diese schöne Entwicklung zum Dreistelligen schenken wir nicht nur dem 100. Mitglied, sondern auch den ersten zehn von euch eine unserer formschönen Kirche-und-Leben-Tassen, die uns eine Mail schicken (redaktion@kirche-und-leben.de) - verbunden mit zwei, drei Sätzen, warum ihr zum KLup gestoßen seid. Hilfreich wäre zudem eure Adresse, damit die Tassen-Päckchen flott auf die Reise gehen können. Selbstverständlich löschen wir diese Information umgehend im Anschluss.

Euch allen nochmals Dank für eure Unterstützung - und ein schönes Wochenende!

Guet goahn!

Markus Nolte (Chefredakteur Online)

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