2025, Staffel 1
Na, Wiebke?
Na, Schreibtisch?
Wie gefällt dir die erste Staffel 2025?
Beklemmend, gleichzeitig unterhaltsam. Übertrieben düster. Im Finale passiert viel zu viel. Außerdem sind die Antagonisten völlig überzeichnet.
Schön gesehen. Müssen wir noch mehr zum Januar sagen?
Nein. Am Ende des Newsletters kommt ein passender Buchtipp dazu.
Fein. Wie läuft’s denn mit deinem Festivalroman ROCK YOUR BEAST?
Oh, sehr gut! Ich arbeite gerade eng mit meinen Testleserinnen zusammen. Für April habe ich das Lektorat gebucht. Dann werde ich die Anmerkungen einarbeiten, ins Korrektorat gehen, den Satz machen lassen und ab dafür. Ich weiß nicht, ob ROCK YOUR BEAST noch im Frühjahr oder schon im Sommer erscheint. Aber es ist absehbar, und das macht mich - trotz der gruseligen Weltlage - gerade sehr glücklich.
Du bist also im Flow.
Ich surfe die Kapitel-Crowd, um im Festivalbild zu bleiben.
Echt? Die ganze Zeit?
Nee. Es gibt Tage, da lande ich mitten im Moshpit. Wenn die Sätze und Szenen einander anrempeln und Plot Hole Pogo tanzen.
Was ist ein Plot Hole?
Ein logischer Fehler in der Story.
Ah. Also, Plot Hole Pogo, das klingt … chaotisch.
Manchmal schon. Ich habe festgestellt, dass es nur begrenzt möglich ist, einen Festivalroman geordnet zu schreiben. Aber das macht es ja gerade spannend.
Ich freu mich drauf.
Ich mich auch.
Dann hau mal raus, deinen Literaturtipp.
Ein Buch mit Musik
Lily Brett: Lola Bensky. Suhrkamp, 2012.
Ein hinreißend komischer und lebenskluger Roman über eine unkonventionelle junge Frau, so der Klappentext.
Nichts liegt näher.
Lola Bensky könnte eine Bridget Jones der 1960er sein. Gleich im ersten Absatz sehen wir ihr dabei zu, wie sie mit einer viel zu engen Netzstrumpfhose auf einem viel zu unbequemen Barhocker sitzt und ihr vermeintliches Übergewicht verflucht, während sie Jimi Hendrix interviewt und mit ihm über Lockenwickler fachsimpelt.
Ein hinreißend komischer und lebenskluger Roman über eine unkonventionelle junge Frau, so der Klappentext.
Nichts liegt ferner.
Denn Lola ist Tochter von Holocaust-Überlebenden. Sie darf nicht übergewichtig sein, ihre Mutter ist wie besessen von Lolas Gewicht. Wer im Lager auch nur ein Gramm Fett auf den Rippen hatte, nährte sich auf Kosten anderer.
Wir begegnen Lola erstmals mit 19 und begleiten sie durch ihr weiteres Leben. Als Redakteurin für ein australisches Rockmagazin reist sie durch die Welt. Sie interviewt Mick Jagger, leiht Cher ihre Wimpern, lässt sich von Pete Townshend anschnauzen und stellt Cat Stevens überraschende Fragen.
So weit ein fluffiges Buch mit Musik, Rockstar-Glamour und Interviews, die wohl wirklich so stattgefunden haben, denn die Autorin Lily Brett war selbst Musikjournalistin.
Fluffig, ja. Doch Lola wird immer wieder mitten in ihren Interviews heimgesucht. Von dem, was ihre Eltern im Lager mit ansehen mussten.
Ich musste das Buch mehrfach zur Seite legen. Weinen. Konnte diese lakonischen Sätze voller Grausamkeit, die mitten im Leichten lagen, nicht aushalten.
Dieses Buch braucht eine Triggerwarnung, war mein erster Gedanke. Dieses Buch darf niemals eine Triggerwarnung bekommen, war mein zweiter.
Denn es ist so wichtig, dass wir uns verstörbar machen. Für das unaussprechliche Grauen, das Autorinnen wie Lily Brett in hinreißend komische und lebenskluge Romane legen.
Gerade dann, wenn ein Milliardär der ganzen Welt den Hitlergruß zeigt.
Gerade dann, wenn demokratische Parteien sich zu Komplizen des Faschismus machen.
Gerade dann, wenn Überlebende des Holocaust ihre Bundesverdienstkreuze zurückgeben.
Was noch?
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Knackig-kurze Musikbuchtipps, Auszüge aus meinen Morgenseiten und hin und wieder sorglosen Quatsch bekommst du von mir auf bluesky. (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Lies im Februar meinen Schlagzeugroman KILL YOUR BEAST, (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)falls du ihn noch nicht kennst.
Die 2. Staffel 2025 wird ganz sicher kürzer und hoffentlich glaubwürdiger.
Komm da gut durch!
Wiebke