Wer bist du eigentlich?
Tja, das frage ich mich auch manchmal.
Angefangen hat das alles mit Büchern im Bett. Zumindest daran hat sich nichts geändert. Ich lese gelegentlich immer noch bis in die Nacht hinein, ich gehe in die Buchhandlung, wenn ich gestresst bin, ich streichle vor dem Einschlafen über Buchrücken (die ja nun oft diese Prägung haben, wie praktisch).
Schreiben, das hielt ich schon früh für unvernünftig - außer in Deutschaufsätzen. Beim Abi war ich furchtbar krank, ich ging eine Stunde eher und bekam trotzdem 15 Punkte. Ich las immer gern vor; Buchvorstellungen waren mein Highlight, dicht gefolgt von: Schreibe diese Szene weiter … Oder war es anders herum? Ich schrieb Fanfictions, ohne zu wissen, dass man die so nannte, und als die heißgeliebte Märchenfilm-Reihe Prinzessin Fantaghirò dieses absolut inakzeptable Ende bekam, dachte ich mir einfach ein neues aus.
Cornelia Funke brachte die Vernunft zum ersten Mal ins Wanken. Das war kein Schreiben mehr, das war … Magie! Und ich wollte das auch können.
Ich frage mich bis heute, warum ich so leichtfertig glaubte, dass Autorin kein Beruf sei, von dem man leben könne - obwohl ich doch in einem Haus aufwuchs, in dem es Wände voller Bücher gab. Wovon lebten denn diese Menschen? Und warum habe ich das nie gefragt?
Pragmatismus ist eine hartnäckige Saat. Es wuchsen Unkräuter daraus, noch und nöcher. Journalistus Stipendiatis und Medicus Laudatus. Ich machte neben der Schule das Latinum, ehe mir einfiel, dass ich aufgeschnittene Körper ziemlich eklig finde. Vel Psychologica? Mein Abi war gut, die Liebe war besser. Ich wollte bleiben, also zahlte ich Miete für dieses Glück. Wasser ist vielleicht nicht so unerschöpflich wie Fantasie, dafür aber erstaunlich handfest.
Und irgendwie habe ich die Frage dann einfach vergessen. Charlie L. Ingenieurin. Mama. Frau H. Ich bin ein Chamäleon geworden. So erwachsen. So stolz.
Bis die Vernunft versagte.
Ich musste erst grau werden, mich aus den Farbschichten schälen, meine Rohfassung freilegen. Mich neu verlieben. Und hier bin ich nun. Restlos verunsichert, aber darin konsequent. Meine Miete zahle ich noch immer, ganz pragmatisch, obwohl ich davon nicht leben kann. Vom Schreiben schon.
Und ein bisschen habe ich wohl das Erwachsensein verlernt. Ich spiele mit Worten und schlage mir dabei die Glaubenssätze blutig. Wenn ich den Stift aufsetze, dann wie einen Pinsel. Verlängerter Herzschlag, gern zu dick aufgetragen.
Was kann da schon schiefgehen?
Am besten alles.
Also schreibe ich und lebe dabei, immer noch verdammt anpassungsfähig, aber bunter. Diese Herzwunde da oben, die habe ich nie verarztet. Wozu auch? Wir wissen doch alle: Da muss Luft ran! Und ich habe ja nie Medizin studiert. Ich bin nur Autorin geworden.
Schreiben halte ich immer noch für unvernünftig.
Das ist ja das Gute daran.