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Die Schnapsnasen unter den Insekten

Diesen Newsletter herauszubringen ist nicht einfach. Eigentlich sollte er gestern schon rausgehen, doch ich rang sehr mit mir. Wie in dieser aktuellen Situation mit den News umgehen? Einfach weitermachen, wie bisher? Das Thema Ă€ndern und etwas mit Ukraine-Bezug machen? Ich fand es schwer, eine Antwort zu diesen Fragen zu finden. Und heute morgen wachte ich auf und entschied mich dafĂŒr, die amĂŒsante Geschichte, die ich eigentlich vorbereitet habe, zu erzĂ€hlen. Weil mir klar geworden ist: Diese Situation ist die neue RealitĂ€t. Und in der muss man WidersprĂŒche aushalten, so schwierig das auch ist. Und vielleicht tut uns allen eine kleine, kurze Ablenkung ganz gut.

Alkohol als Spermabooster

Dass nicht nur wir Menschen gerne mal einen ĂŒber den Durst trinken, wissen einige schon – auch Tiere langen an der Minibar ordentlich zu. Ein besonders prominentes und vielen Menschen bekanntes Beispiel sind hier Schmetterlinge, deren taumelnder Flug nicht immer unbedingt nur an der Anatomie ihres Flugapparates liegt. 

Schmetterlinge leben die meiste Zeit ihres Lebens als Raupe, wĂ€hrend ihr Leben als erwachsene Tiere (in der Biologie nennt man diese Imagines) meist nur von kurzer Dauer ist. WĂ€hrend sich die Raupen wirklich ununterbrochen BlĂ€tter und Ă€hnliches in ihre kleinen Schnuten stopfen, ĂŒben sich erwachsene Tiere eher in ZurĂŒckhaltung. Viele von ihnen haben nach der Metamorphose, also der Verwandlung von Raupe zu Schmetterling, nur einen kleinen SaugrĂŒssel, um ein wenig Nektar, PflanzensĂ€fte oder Wasser aufzunehmen. Sie haben dann 2, 3 Wochen Zeit, sich zu paaren, und dann sterben sie. 

Wusstest du, dass es Schmetterlinge gibt, die Blut trinken? Ja, so habe ich damals auch geschaut, als ich es erfahren habe. Meist sind das tropische Arten, doch die Wiesenrauten-Kapuzeneule kommt zum Beispiel in Skandinavien vor und sagt da auch bei Menschenblut nicht unbedingt nein. Es gibt jedoch auch Schmetterlinge, die als Imagines gar nichts mehr essen – sie haben sich als Teenies Reserven angefuttert, die ein paar Tage halten, sodass man sich paaren und dann sterben kann. WĂ€re fĂŒr mich jetzt nichts, aber gut.

Aber zurĂŒck zu unseren Schnapsnasen. Schmetterlinge trinken gerne den Saft faulenden Obstes, und wenn Obst fault, beziehungsweise gĂ€rt, entsteht: Alkohol. Den fĂŒhren sich unsere kleinen farbenfrohen Freunde wirklich in rauen Menge zu GemĂŒte. 

Der Alkohol hilft mĂ€nnlichen Schmetterlingen dabei, ihr Spermatophoren-Paket von der QualitĂ€t her aufs nĂ€chste Level zu bringen. Falls du dich gerade fragst: Spermato-was? Das sind kleine Spermienpakete, die die MĂ€nnchen bei der Paarung an die Weibchen ĂŒbertragen. Man hat festgestellt, dass die QualitĂ€t des Spermas besser sind, wenn der feine Herr sich vorher ordentlich einen reingestellt hat. Bei Menschen ist das genau andersherum: HĂ€ufiger Alkoholkonsum senkt die Produktion lebensfĂ€higer Spermien (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre). 

FruchtfliegenmÀnnchen ertrÀnken Liebeskummer in Alkohol

So könnte man ausdrĂŒcken, was bei diesem kleinen RĂ€uber unserer Obstkörbe passiert, wobei das natĂŒrlich eine vermenschlichte Perspektive auf die Geschehnisse ist. Aber dennoch: Man hat in Studien herausgefunden (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre), dass FruchtfliegenmĂ€nnchen, die von Weibchen zurĂŒckgewiesen wurden, versuchten, mit Alkohol ihre Stimmung zu heben. WĂ€hrend nĂ€mlich ihre Kumpels, die sich erfolgreich gepaart haben, einen hohen Level des  ZufriedenheitsgefĂŒhl vermittelnden Botenstoffes Neuropeptid F vorwiesen, wiesen ihre einsamen Kollegen nur die HĂ€lfte seiner Konzentration im Gehirn auf. Sie waren sogar so frustriert durch ihren Sexmangel, dass sie, wenn sie dann doch endlich auf ein paarungsbereites Weibchen trafen, kein Interesse an ihm zeigten und nur deprimiert vor sich hin brĂŒteten. Sie interessierten sich in dieser Phase nur noch fĂŒr eins: Drinks.

Es ist jetzt aber bei Weitem nicht so, dass sich nur abgewiesene FruchtfliegenmĂ€nnchen fĂŒr das runde Bouquet eines Merlot interessieren. Alle Menschen, die in Laboren arbeiten, wissen: Sobald Fruchtfliegen Zugang zu Alkohol haben, besaufen sie sich hemmungslos. Wobei man fĂŒr diese Feststellung nun wirklich kein Labor braucht: Wenn du selbst mal im Sommer ein Glas Wein ĂŒber Nacht hast stehenlassen und wĂ€hrenddessen durch Fruchtfliegenbesuch "beehrt" wurdest, fandest du am nĂ€chsten Morgen vermutlich so einige dieser Schnapsnasen im Nektar der Götter schwimmen. TĂ€tsĂ€chlich können Fruchtfliegen nach einer Weile ein Verhalten an den Tag legen, das tatsĂ€chlich ein Hinweis auf eine sich entwickelnde Alkoholsucht geben kann.

Übrigens produzieren auch wir Menschen einen Ă€hnlichen Botenstoff: Neuropeptid Y (Ja ich weiß, bei der Namensgebung hat man sich jetzt nicht so mega die MĂŒhe gegeben). Es gibt Hinweise darauf, dass bei uns Depression, posttraumatischen Belastungsstörung und auch eine AffinitĂ€t fĂŒr Drogen- oder Alkoholsucht mit einem niedrigen Spiegel dieses Stoffes einhergehen. Allerdings sind die Prozesse im Gehirn bei Suchterkrankungen wahnsinnig komplex, sodass man jetzt nicht direkt von einer KausalitĂ€t ausgehen kann. Es kann auch eine Korrelation sein, oder zumindest nur ein Puzzleteil im komplizierten Zusammenspiel all der unzĂ€hligen Faktoren, die zur Sucht fĂŒhren können.

Bitte lasst euch jetzt aber nicht von Insekten inspirieren, euch ebenfalls krĂ€ftig einen Schnaps nach den anderen in den Korpus zu knallen, um etwas "fĂŒr die Gesundheit" zu tun. Denn Schmetterlinge und Fruchtfliegen sind besser fĂŒr Alkohol ausgelegt. Sie haben keine Lebern wie wir, keine komplexen Gehirne und auch kein so ausgesprĂ€gtes Privatleben wie Menschen, oder ein Berufsleben, das man lieber nicht gegen die Wand fĂ€hrt. Bei uns Menschen empfiehlt sich tatsĂ€chlich eher, beim nĂ€chsten Fußballspiel mal alkoholfreies Bier auszuprobieren, wenn man möglichst lange etwas von einem funktionierenden Körper und seinen Liebsten haben möchte.

Prost!

Und sonst so?

Hier gibt es wieder ein PĂ€ckchen FundstĂŒcke fĂŒr euch:

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>>> UnterstĂŒtzen! (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

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Bis zum nÀchsten Mal, ich freu mich schon!

Jasmin

(Hier freunde ich mich gerade mit einer Gruppe Ohrlappenpilze, aka Judasohren (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre), an)

Sujet Natur, Ökologie & Co.

2 commentaires

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