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Auf den Hund gekommen

Hello,

bestimmt dachtet ihr euch schon: Oh mein Gott, wo bleiben Jasmins Artikel? Das Ding ist, wenn man allein arbeitet: Wenn man mal ausfällt, gibt es keinen Ersatz. Long Covid macht mir zu schaffen, ich saß die letzten Wochen da und konnte einfach keinen gescheiten Text formulieren. Manchmal saß ich neben Lorenz und habe ihm pantomimisch versucht, Sachen darzustellen, oder habe sie wie bei Tabu beschrieben, weil sie mir einfach nicht mehr einfielen. Und wir reden hier von so komplexen Worten wie Stuhl, Kühlschrank ("das Ding wo wir essen rein tun, mit der Temperatur, oh Mann, weißt du was ich meine? In der Küche? Wo das Gemüse ist?"), Notebook.

Und als sei das nicht alles schon anstrengend genug, bekam ich noch einmal Corona, Verdienstausfall dadurch, Existenzängste, das übliche Programm als Selbstständige, wenn man eben nicht einfach Krankentage nehmen kann bei voller Bezahlung und auch keine:n Kolleg:in schicken kann. An dieser Stelle auch nochmal danke an alle, die diese Kolumne weiterhin unterstützen, denn ihr rettet mir gerade ziemlich den Ars... den Popo. ❤️

Und zwischen all dem? Haben wir auch noch einen Hund bekommen. Ja, einen dritten. Ja, wir sind komplett durchgeknallt. Und so hatte ich in den letzten 3 Wochen keine Ausgabe vom Naturarium hinbekommen, hatte auch Versagensängste, keine Texte mehr schreiben zu können (ganz ehrlich: Habe ich immer noch), weil mein Gehirn gefühlt total durchlöchert ist. Aber dennoch versuche ich es jetzt, und das auch noch mit aktuellem Bezug, denn heute geht es um: Hunde. Und damit ihr gleich auf dem neusten Stand seid, meet Humboldt, unseren neuen Welpen:

Vom Fremden zum treuen Begleiter

Seit über 100 Jahren forschen wir um herauszufinden, woher unsere modernen Haushunde stammen und wie es dazu kam, dass wir den Wolf domestizieren konnten. In all dieser Zeit kommt schon einiges an Wissen zusammen, dennoch bleiben immer noch viele Leerstellen.

Seit tausenden von Jahren begleiten uns unsere anhänglichen Vierbeiner durch unser Leben. Wann die Lovestory begann, ist gar nicht so leicht zu bestimmen.  Neue wissenschaftliche Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Wölfe von uns Menschen vor etwa 10.000 bis 20.000 Jahren gezähmt worden waren – und das eventuell nicht nur in einer Region, sondern in mindestens zwei Gegenden unabhängig voneinander. Weiters waren jene Hunde damals noch keine "Haus"tiere im engeren Sinne, denn wir Menschen zogen damals meist noch nomadisch durch die Welt. Erst vor ungefähr 12.000 Jahren wurden wir sesshaft und begannen, Behausungen zu bauen.

Eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe um die Forscherin Miho Nagasawa von der Azabu-Universität (Japan) hat in der Fachzeitschrift »Scientific Reports« einen Artikel mit Hinweisen auf eine gar nicht so geringe genetische Komponente bei der ganzen Sache veröffentlicht. 

»Das ist der erste genetische Nachweis für die Hypothese, dass Mutationen im Stressreaktionssystem die Domestizierung des Hundes angestoßen haben« – Miho Nagasawa

Denn Genmutationen hatten wohl ebenfalls Einfluss auf die Domestizierung der "Ur-Hunde": Diese sollen durch die Veränderung in ihren Genen weniger anfällig für Stress gewesen sein, weshalb sie es wohl eher ertrugen und schließlich auch tolerierten, Menschen in ihrer Nähe zu haben.

Dackel vs. Schäferhund

Und nun? Sind Hunde perfekt auf das Leben mit Menschen eingerichtet. Wir sind die Sonne, um die sie und ihr Alltag kreisen, ihr Glück und ihre Sorgen sind von uns abhängig. Einerseits ein Garant für viel Liebe und Verbundenheit, andererseits natürlich auch eine Menge Verantwortung, die wir Hundehalter:innen diesen Tieren gegenüber haben.

Die modernen Hunderassen, denen wir tagtäglich auf der Straße begegnen, sind nur etwas mehr als 160 Jahre alt und entstanden aus Zuchtselektion nach bestimmten optischen Charakteristiken. Jede Hunderasse assoziiert man dennoch auch mit gewissen Verhaltensmustern: Der Schäferhund ist eher dominant, hat einen Hütetrieb und braucht eine starke Führung, der Dackel ist ein Arbeitstier, das ein hohes Pensum an Abwechslung braucht, der Golden Retriever ist der perfekte verschmuste Familienhund. Doch eine moderne Forschungsarbeit stellt diese Gewissheiten nun in Frage.

Ein Team um die Forscherin Kathleen Morrill von der US-amerikanischen University of Massachusetts hat die Genome von 2.000 rein- und gemischtrassigen Hunden sequenziert, dazu noch Befragungen mit den Halter:innen durchgeführt und die Ergebnisse im Fachjournal "Science" veröffentlicht. Die Analyse der Daten zeige laut Team, dass das Verhalten der Hunde wohl nur zu einem Bruchteil von deren Genetik beeinflusst werde. Das seien zumeist Faktoren wie der Grad der Kontaktfreudigkeit, mit dem sich der Hund dem Menschen zuwendet und auch Befehle entgegennimmt, also wie autonom sie sind. Wenig überraschend waren das vor allem Huskys, Dackel, Akita Inus und Shiba Inus. Als anhänglich und stark menschenbezogen stachen in der Studie beispielsweise Labradore oder Schäferhunde raus. 

Doch der Jagdtrieb, das Bedürfnis, etwas zu hüten, zu apportieren und so weiter – das sei bei den Hunden in der Studie laut Forschungsteam ganz individuell und rasseunabhängig ausgeprägt gewesen, beziehungsweise ließe sich da kein Muster auf die jeweilige Rasse bezogen erkennen. 

Eine Erkenntnis, die sicherlich viele Hundehalter:innen und Zuchtverbände vor den Kopf stößt, mich persönlich aber nicht sonderlich überrascht. Schließlich sitze auch ich mit einem Podenco canario hier, einem Jagdhund, der vom Züchter "entsorgt" wurde, weil er zu menschenbezogen war und keinen Bock auf Jagd hat, und mit einem Schäferhund, der Jagd richtig klasse findet, aber niemals auch nur ansatzweise irgendetwas hüten würde. 

Wenn ihr euch also einen Hund aussucht, solltet ihr – vor allem bei Welpen – vielleicht weniger nach angeblich "rassetypischen" Verhaltensweisen Ausschau halten, sondern eher gucken, wie der Hund sozialisiert wird oder wurde. Denn das hat einen echten Einfluss darauf, was für eine Art Hund euch dann morgens die Hausschuhe klaut.

Und sonst so?

Bleiben wir kurz bei Hunden: Denn die hören mehr als nur Blablabla und dazwischen bestimmte Worte. Sie bekommen von dem, was wir reden, deutlich mehr mit, als viele denken. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Und wenn sie sich entscheiden können, ob sie mit einem Schmecki belohnt werden oder Liebe, Aufmerksamkeit und Lob bekommen, entscheiden sie sich oft lieber für Zweiteres. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Lorenz hat in unserem Podcast Bugtales.fm schon einmal über die Herkunft der Hunde erzählt. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Heute vor 10 Jahren wurde das Higgs-Teilchen entdeckt. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Es gibt eine neu entdeckte Art Kannenpflanze, die ihre tierische Beute nicht in der Luft hängend fängt – sondern unter der Erde. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Vor 220 Jahren hat Alexander von Humboldt den Chimborazo erklommen. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Ich habe einen Artikel im Kids-Bereich darüber geschrieben, wie man am besten nach kleinen Tieren sucht. >> (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Immer, wenn ich traurig bin, schaue ich mir dieses Comic-Panel (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)an. Dann muss ich wieder lachen (sehr):

Und hier bin ich heute morgen mit Humboldt:

So. Danke an die Unterstützer:innen, dass ihr mir die Chance gebt, dieses Projekt zu wuppen. Auch, wenn es als chronisch kranker Depri jetzt nicht immer leicht ist und es sicherlich immer mal wieder vorkommen wird, dass ich einfach nicht kann. Aber wenn, dann sind das nur kleine Erholungspausen, und ich komme immer wieder zurück. Denn ich liebe das Naturarium, also: Danke für euch. ❤️

Und die anderen: Vielleicht wollt ihr diese Kolumne ja doch mit einem Abo unterstützen. Das würde mich sehr freuen und mir sehr helfen.

Alles Liebe

Jasmin

Quellen:

Morrill, K., Hekman, J., Li, X., McClure, J., Logan, B., Goodman, L., Gao, M., Dong, Y., Alonso, M., Carmichael, E., Snyder-Mackler, N., Alonso, J., Noh, H. J., Johnson, J., Koltookian, M., Lieu, C., Megquier, K., Swofford, R., Turner-Maier, J., … Karlsson, E. K. (2022). Ancestry-inclusive dog genomics challenges popular breed stereotypes. Science, 376(6592). https://doi.org/10.1126/SCIENCE.ABK0639/SUPPL_FILE/SCIENCE.ABK0639_DATA_S1_TO_S20.ZIP

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Sujet Wissenschaft allgemein

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