Ellbogen raus gegen Trump & Co.! Wie jeder Einzelne jetzt Widerstand leisten kann
Der Philosophie wird oft vorgeworfen, sie sei zu theoretisch und verkopft. Gute Nachrichten für ihre Verteidiger: Die Philosophie, speziell die Ethik, hat aktuell sehr konkrete Anwendungsfelder. Es sind Fragen wie „Würdest du Faschisten die Stirn bieten?“, „Bist du Mitläufer, wenn Menschengruppen drangsaliert werden?“ oder ganz knapp: „Was hättest du 1933 getan?“. Nichts davon ist mehr hypothetisch. Wehret den Anfängen? Wir sind längst mittendrin.
Um das zu sehen, reicht ein Blick über den Atlantik. Keine drei Monate nach der Wiederwahl Trumps sind die USA ein Land, in das man nicht einreisen kann, ohne das Risiko, grundlos verhaftet (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) zu werden; ein Land, das politischen Protest unterdrückt und in dem Studierende und Arbeitnehmer exmatrikuliert und abgeschoben (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) werden, sollten sie die falschen Dinge sagen oder Unerwünschtes im Internet posten. Trumps USA sind ein Land, das Menschen willkürlich im Ausland einkerkert (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), unerwünschte Kunst verbannt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) und historische Schandflecken zu zeigen verbietet; ein Land, das mal Grönland, mal Kanada mit Invasion bedroht, das sicherheitspolitische Bündnis zu Europa aufkündigt und, als wäre das alles nicht genug, einen Handelskrieg (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) anzettelt, den alle außerhalb der Oligarchenkaste im Geldbeutel spüren werden. Eine dritte Amtszeit (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) für Donald Trump? Laut Verfassung unmöglich, aber hey, Donald Trump stört sich nicht an solchen Kleinigkeiten („Ich scherze nicht“; „Es gibt Methoden“).

Die Geometrie des Trumpismus (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Die Angst vor dem F-Wort
Wenn Rechtsstaatsprinzipien gebrochen werden, bürgerliche Freiheiten massiv eingeschränkt, die Geschichte umgeschrieben und die Kunst eingehegt, das alles auf Befehl einer unhinterfragbaren, kultartig verehrten Führerfigur – wie nennt man das? Ein Blick in die Geschichte des 20. Jahrhunderts reicht völlig, um diesen Politikstil zu identifizieren.
„Was wir jetzt sehen – das ist Faschismus (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)“, fasst Philosoph und Faschismusexperte Jason Stanley die politische Situation der USA zusammen. Während einige das böse F-Wort früher verwendet haben als andere, sickert langsam auch beim Letzten die Erkenntnis durch: Kein Trumpismus ohne Faschismus. Analog zum Ententest (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) („Wenn ich einen Vogel sehe, der wie eine Ente geht und wie eine Ente schwimmt und wie eine Ente quakt, nenne ich diesen Vogel eine Ente“) könnte man sagen: Wenn es aussieht wie Faschismus, Recht bricht wie der Faschismus und einen Führerkult etabliert wie der Faschismus, dann nenne ich diese politische Bewegung Faschismus.
Was unkritische Gefolgschaft in den Extremismus bedeutet, sieht man nicht zuletzt am, nun ja, Gefolge. Ein Beispiel unter vielen für das sektenartige Doppeldenk (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) der MAGA-Bewegung ist Kid Rocks kürzlicher Besuch im Oval Office. Dort, wo Donald Trump und JD „Did you say thank you?“ Vance erst vor wenigen Wochen Wolodymyr Selenskyj vor einer Weltöffentlichkeit wegen seines Militärpullovers performativ mobbten, stand nun der gealterte Grölmusiker Robert James Ritchie, besser bekannt als Kid Rock. Und zwar gekleidet in ein Ganzkörperglitzeroutfit, das weniger nach Oval-Office-Besuch aussah und vielmehr nach menschlicher Kanonenkugel (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) kurz vor Zündung der Lunte. Die Reaktion der MAGA-Crowd: Kein „Why don’t you wear a suit?“, sondern Stille – beziehungsweise Applaus. Kid Rock darf das. Kid Rock ist einer von ihnen.

Wird täglich mehr Realität: Die Satire Idiocracy (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Verdoppelt
Wer jetzt in Obelix-Manier verächtlich denkt, „Die spinnen, die Amis“ – Vorsicht! Mit Friedrich „kleine Paschas“ Merz ist hierzulande ebenfalls ein waschechter Populist Wahlsieger geworden. Und neben den waschechten Unions-Populisten wären da noch die waschechten Rechtsextremisten der AfD. Denn die CDU hat vielleicht die Bundestagswahl gewonnen, doch ihr Chef Friedrich Merz hat seine Brandmauerkumpel von der AfD, entgegen seiner Ankündigung, nicht halbiert, sondern faktisch verdoppelt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Anders gesagt: Der Einfluss autoritärer Kräfte von rechts und ultrarechts nimmt auch hierzulande zu, und zwar im Eiltempo. Die Union steht in Umfragen sogar deutlich schlechter dar als zur Bundestagswahl, während die rechtsextreme AfD zulegt und zulegt und wächst und wächst. So kam es kürzlich zu einer lange undenkbaren historischen Zäsur: zu einem Gleichgewicht von AfD und CDU. Zur AfD als stärkste Partei (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Kurz darauf der nächste Schock: Das Institut Ipsos sieht die AfD in Umfragen bei 25 Prozent, vor der Union (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Extremismus auf der Überholspur, der Rechtsstaat ausgebremst – auch in Deutschland.
Wo gefährliche Gedanken und Weltbilder vorherrschen, ist ihre Umsetzung nicht weit. In Brandenburg gibt es Rekordwerte, jedoch nicht in politischen Umfragen, sondern bei rechtsextremer Gewalt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Die brandenburgische Beratungseinrichtung Opferperspektive meldet einen Höchststand bei rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Gewalttaten. Währenddessen tut die Merz-Union in den Koalitionsgesprächen mit der SPD alles, um die Axt ans Asylrecht zu legen (Stichwort „Zurückweisungen an der Grenze (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)“) – und legt sich entgegen jeder Empirie weiter ins Zeug, eine „AfD-Light“ zu werden, selbst wenn die letzten Monate und Jahre uns zeigen, dass die Wähler bei Kopierversuchen von AfD-Inhalten einfach noch vehementer das rechtsextreme Original wählen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Die Würde des Menschen ist der selbsterklärten bürgerlichen Mitte offenbar nur dann unantastbar, wenn sie mit einem deutschen Pass daherkommt.
Kaum besser sieht es in der Kulturwelt aus. Auch da verstecken sich unter einem dünnen demokratisch-pluralistischen Firnis schnell Vorurteile, Ausgrenzung und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Eben erst gab es einen Shitstorm gegen den Entertainer Riccardo Simonetti. Sein Vergehen? Er war zu Gast in der „Sesamstraße“. Rechte Empörbürger finden Simonetti jedoch zu schwul für eine Kindersendung – übrigens ganz im Gegensatz zu Alice Weidel, die in der Gedankenwelt wutentbrannter Knalltüten keineswegs zu lesbisch ist für den AfD-Parteivorsitz.
Nie wieder war gestern
Weniger Rechtsstaat, mehr Autokratie, der Faschismus als langsam aufziehendes Gewitter. Kurz gesagt: Was die Amis haben, ist auch im Heimatland des Nationalsozialismus nicht länger undenkbar.
Wer jetzt nicht alarmiert ist, war im Geschichtsunterricht Kreide holen.
Zurück zur Kernfrage: Wie steht es um den Widerstand? Was kann ich tun, um diesen Entwicklungen entgegenzutreten? Etwas weniger akademisch formuliert: Wie kommen wir, verdammt nochmal, wieder raus aus dieser ganzen Scheiße?
Ja, tatsächlich, der Einfluss des Einzelnen ist begrenzt. Kein Einzelner beendet eine politische Bewegung; kein Individuum rettet im Alleingang die liberale Demokratie; niemand stoppt den Faschismus eigenhändig. Doch heißt das im Umkehrschluss nicht, dass wir machtlos sind! Im Gegenteil: Jeder von uns kann einen Beitrag leisten im Widerstand gegen die extremistische Vergiftung der Gesellschaft.
Welcher Beitrag das ist? Kommt drauf an. Kommt darauf an, wer wir sind, was wir können und was wir uns zutrauen.
Jason Stanley zum Beispiel, oben zitierter US-Philosoph und Faschismusexperte, hat die USA verlassen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Zusammen mit seinem Historikerkollegen Timothy Snyder und dessen Ehefrau Marci Shore, ebenfalls Historikerin, emigriert er öffentlichkeitswirksam nach Kanada. Stanley gibt nach eigener Aussage seine Professur an einer der (noch) renommiertesten Universitäten der Welt auf, weil er in Yale zwar „sehr glücklich“ gewesen sei, jedoch nicht wolle, dass seine Kinder in einem Land aufwachsen, das „in Richtung faschistischer Diktatur kippt“ (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Seien wir ehrlich: Wenn Faschismusexperten lautstark das Land verlassen, ist es nicht fünf vor zwölf, sondern halb eins.
Doch nach wie vor weigern sich viele Mitmenschen hüben wie drüben, die Zeichen der Zeit zu sehen. Wer Trump einen Faschisten nennt, erntet nicht selten hochgezogene Augenbrauen – und nach einem Artikel wie dem vorliegenden sind mir nicht unbedingt liebevolle Zuschriften sicher; sogar von Menschen, die nicht unbedingt AfD wählen. Folgt man der Publizistin Katharina Nocun (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), haben das Unbehagen und der Widerwille, die einem entgegenschlagen, sobald man faschistische Tendenzen als solche benennt, eine Art Selbstschutzfunktion:
„Vielleicht liegt die Abwehrhaltung einiger Menschen gegen den Faschismusbegriff darin begründet, dass damit vieles einhergeht, was schlichtweg unbequem ist. Die Einsicht, dass die normalen Spielregeln außer Kraft gesetzt werden. Angst vor der Zukunft. Und vor allem die Notwendigkeit zu handeln.“
Rette sich, wer kann
Somit wären wir bei Punkt 1 des möglichen Widerstands: Der eigene Lebensmittelpunkt. Wer fundamental der Politik einer Regierung entgegensteht, um die grundgesetzliche Meinungsfreiheit fürchtet oder gar die eigene persönliche Sicherheit und wer (s)ein Land am Wendepunkt zum Autoritarismus sieht, hat bestenfalls die Chance, dieses Land zu verlassen. Die Geisteswissenschaftlerinnen Snyder, Shore und Stanley machen es demonstrativ vor. Zugegeben: Nicht jeder von uns ist ein kosmopolitisch umworbener, finanziell abgesicherter Superakademiker, der seinen Arbeitsplatz einfach umverlegen kann, weil jede Uni ihn will. Nichtsdestoweniger: Die Abwanderung von Talenten aus Wissenschaft, Kultur und Kunst ist ein Alarmsignal erster Güte. Was auf Deutsch Talentabwanderung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) heißt, kennt man auch unter anderem als „Brain Drain (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)“ – eine Bezeichnung, die präzise beschreibt, was da gerade abwandert: Das Gehirn der Nation. Eine Gesellschaft besteht keineswegs nur aus Einsteins – dennoch ist es besser, sie zu haben als sie zu verscheuchen. Was uns bereits eine Vorahnung davon gibt, wer dann zurückbleibt: Hypernationalistische Kanonenkugeln wie Kid Rock (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), offene Signal-Gruppen voller Jasager (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) mit der Tendenz zur Publikation von Militärgeheimnissen, und Milliardäre, die sich mit käsiger Kopfbedeckung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) vergeblich versuchen Einfluss zu erkaufen. Salopp gesagt: Gehen die Einsteins, bleibt der Rest. Doch auch für uns Normalsterbliche gilt:
Tipp 1: Bleibe nicht dort, wo du dich nicht wohlfühlst (erst recht nicht, wenn du damit rechnest, dass sie die Lage bald drastisch verschlimmert)!
Kein Urlaub in Autokratien
Aus deutscher Sicht kann, Punkt 2, eine einfache Widerstandshandlung gegen den Trumpismus lauten: Nicht in die USA fahren. Storniert eure USA-Reisen, cancelt eure New-York-Pläne, verzichtet auf Los Angeles und Co. – zumindest die nächsten Jahre, solang Cheetolini (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) noch regiert. Warum Urlaub machen in einem Land, das bei der Einreise dein Handy screent, als wärst du in einer Terrorzelle? Das auch Deutsche festnimmt und trotz unbegrenzter Aufenthaltsgenehmigung in Abschiebehaft (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) steckt? Das Auswärtige Amt hat schon jetzt die Reisehinweise (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) für die Vereinigten Staaten ergänzt. Mit dem lapidaren Zusatz: „Die finale Entscheidung, ob eine Person in die USA einreisen kann, liegt bei den amerikanischen Grenzbehörden. Aber auch das ist keine Überraschung, das ist auch in Deutschland so.“ Ach, na dann.
Deutlicher wird Robert Reich, emeritierter Politikprofessor und ehemaliger US-Arbeitsminister unter Bill Clinton. Sein Ratschlag: Menschen dieser Welt, boykottiert die USA! Im Guardian schreibt er (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre):
„Aus welchem Grund Sie auch immer in die Vereinigten Staaten kommen wollen, als Besucher, Student oder Facharbeiter: Sie sollten Ihre Pläne überdenken. Mit Ihrer Entscheidung, nicht zu kommen, würden Sie signalisieren, dass Sie sich zu Recht Sorgen um Ihre Sicherheit hier machen und von den Angriffen des Trump-Regimes auf die Demokratie genauso abgestoßen sind wie die meisten von uns Amerikanern.“
In der Tat: Die Welt ist groß. Mit einem europäischen Pass kommt man privilegierterweise vielerorts hin. Und überhaupt: Niemand ist gezwungen, als Tourist ein Land zu besuchen, das seinen Rassismus offen auslebt und mit schallendem Gelächter die Motorsäge an demokratisch-bürgerliche Freiheiten legt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wer schon da ist, muss nicht unbedingt bleiben. Wer noch nicht da ist, sollte nicht hin.

Unterstütze niemanden, der dich gefährdet
Mein Tipp 2 heißt: Unterstütze kein Land, das dich gefährdet, indem es die offene, pluralistische Weltordnung gefährdet. Suche dir touristische, ökonomische, kulturelle Alternativen!
Das gilt für Reisen, aber ebenso wie für Konsum. Ebenso wie Kanada, das immer mehr amerikanische Waren aus den Läden räumt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), können wir auch international als Privatpersonen Einfluss nehmen durch unsere Konsumentscheidungen. Während die Tesla-Verkaufszahlen angesichts der Radikalisierung von Elon Musk und seines toxischen Einflusses auf die US-Gesellschaft international abstürzen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) (z.B. 37% weniger Tesla-Verkäufe in Schweden; 64 Prozent weniger in Frankreich), gilt die Konsum-Autonomie ebenso im Kleinen. Ich zum Beispiel – ein anerkannter und langjähriger Light-Getränke-Junkie – trinke seit einer Weile nichts von Coca-Cola mehr, sondern stattdessen mal mehr, mal weniger leckere Softdrink-Alternativen ohne US-Provenienz. Immer mehr Menschen verzichten auf sich Donald Trump anbiedernde Streamingdienste (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Fastfoodketten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder Online-Shops (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Dasselbe gilt für die Sozialen Medien. Wo man sich bewegt und wo nicht, egal ob analog oder digital, das muss jeder und jede selber wissen, aber: Dass Twitter, heute X, bloß noch eine Rumpelkammer voller Rechtsextremer (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) ist, ist ein Fakt. Wer jetzt noch da ist, macht sich zum Komplizen eines gemeingefährlichen Milliardärs, der den Ärmsten unter den Armen nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnt – und sich anschließend wundert, warum niemand ihn mag.
Und apropos „Das regelt der Markt“: Weil es genug Bedarf gab, gibt es mit Bluesky mittlerweile eine soziale Plattform, die für mich und viele Millionen weitere Menschen das ist, was Twitter früher war: ein guter, spaßiger, informativer Vernetzungsort zum Rumhängen, ganz ohne machiavellistisch-rechtsextremistische Milliardäre und ihre narzissmus- und ketaminbedingten Stimmungsschwankungen.
Dass Boykotte wirken, sah man gerade erst an einem Elon Musk – immer noch reichster Mensch des Planeten –, der im Fernsehen fremdschämig herumjammerte wie das allergrößte Riesenbaby (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Was war passiert? Kamala Harris‘ ehemaliger Running Mate, Tim Walz, hatte sich über den abstürzenden Tesla-Aktienkurs lustig gemacht (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Das wiederum brachte Musk an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Musks öffentliche Jammernummer ist umso lustiger, als es doch er selbst war, der Mitgefühl eine Schwäche nannte („Empathy is weakness (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)“) – und der auch mit seiner DOGE-Pseudobehörde keine Gelegenheit auslässt, jenen skrupellosen Sozialdarwinismus, der eigentlich nur in den feuchten Träumen von libertären Silicon-Valley-Incels existiert, in die Tat umzusetzen.
Ladet die Simonettis weiter ein, steht ihnen bei
Tipp Nummer 3: Seid solidarisch mit allen, die Opfer rechtsextremer Weltbilder werden!
Der Rechtsextremismus – egal ob von Trump oder der AfD – fußt auf vermeintlichen Wertigkeiten. Wer männlich, heterosexuell, christlich und „von hier“ ist (oder so aussieht), hat weniger Probleme. Opfer werden alle, die nicht in das pervertierte Schubladendenken der Rechten passen. Ein Schubladendenken toxischer Normalität, das nicht auf Gemeinwohl, Pluralismus und friedliche Inklusion zielt, sondern auf Ausgrenzung, biologische Herkunft und gewaltsame Exklusion. Der NDR stellte sich nach dem Sesamstraßen-Shitstorm demonstrativ auf Simonettis Seite, lösche Hasskommentare und zeigte klare Haltung (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre):
„Wir freuen uns immer über anregende Diskussionen und einen Austausch mit euch. Meinungen dürfen hier frei geäußert werden. Jedoch haben wir diese Kommentarspalte geschlossen, da homophobe und beleidigende Äußerungen gegen Riccardo Simonetti zugenommen haben. Wir dulden solche Kommentare nicht und löschen diese.“
Haltung zeigen
Dasselbe möchte ich uns allen empfehlen:
Tipp Nummer 4: Zeigt Haltung!
Zeigt Haltung gegenüber euren Mitmenschen – natürlich jeder und jede nach seiner und ihrer Möglichkeit, und ohne sich zu gefährden. Äußert jemand in eurem Umkreis Sätze, die auf homophobe oder rassistische Weise einer extremistischen Exklusionsmentalität entspringen: Sagt etwas! Bestenfalls höflich, aber bestimmt. Eine Zivilgesellschaft, die Menschenverachtung durch Schweigen normalisiert, ist eine geschwächte Zivilgesellschaft – denn ja, manchmal ist Schweigen Zustimmung. Auch die Demos aus dem Winter waren nichts anderes als das: Da sein. Rausgehen. Haltung und Gesicht zeigen!

Widerstand ist, was du draus machst
Zum Ende hin gibt es noch all jene Tipps, die Timothy Snyder – ja genau, jener Timothy Snyder, der mit seinen Professorenkollegen just nach Kanada floh! – in seinem Buch „Über Tyrannei. Zwanzig Lektionen für den Widerstand“ (2017) beschreibt. Alle zwanzig Lektionen sind wertvoll, aber zwei sind in diesem Kontext besonders wichtig, weswegen ich sie in diesem Artikel abschließend und kurz als Tipp 5 und 6 empfehlen möchte: „Leiste keinen vorauseilenden Gehorsam“ und „Verteidige deine Institutionen“. Nur weil ein Friedrich Merz, ein Donald Trump oder eine AfD ein bestimmtes Drohszenario aufbaut, heißt dies keineswegs, dass die Gesellschaft kuschen muss. Wer kampflos aufgibt, macht es den Autokraten unnötig einfach. Und wie fragil die vermeintlich harten Kerle in Wahrheit sind, sehen wir in Musks feuchten Augen, sobald man über seine fallenden Aktien lacht.
Zu einer resilienten Demokratie gehören auch funktionierende Institutionen. In Deutschland wie in den USA sollten jene, die am Erhalt der Demokratie ein Interesse haben (in einer perfekten Welt wären das wir alle), alles dafür tun, dass ihre Institutionen der rechtsextremen, teils faschistischen Bedrohung stark entgegentreten. Dass dies geht, sah man erst vor wenigen Tagen im US-Staat Wisconsin (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Da verlor der konservative Kandidat für den Obersten Gerichtshof, Brad Schimel, gegen seine demokratische Herausforderin Susan Crawford – und das obwohl Elon Musk mit Millionen von Dollar an Spenden und Wählergeschenken versuchte, den konservativen Richter „ins Amt zu kaufen“. Erfolglos, letztlich. Gewonnen hat eine Zivilgesellschaft, die sich eingesetzt hat gegen den autokratischen Einfluss ultrarechter Milliardäre. Ein weiteres Beispiel für respektablen Widerstand gegen trumpistische Erpressung: Die Eliteuniversität Harvard (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)! Sie lässt sich nicht unterkriegen, sondern gibt sich kämpferisch – und inspiriert auf diese Weise andere!

Es gibt viele Möglichkeiten, Widerstand zu leisten. Widerstand ist das, was du draus machst – was ihr draus macht. Besser: Was wir alle daraus machen. Wichtig ist, dass Widerstand stattfindet, bevor es zu spät ist. Bevor die Unterdrückungsmächte so stark sind, dass ziviler Gegendruck schwer bis unmöglich wird (siehe Russland (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), siehe Ungarn (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) usw.). Dass der Zeitpunkt für aktiven Widerstand gekommen ist, denken sich wohl auch die Millionen US-Amerikaner, die dieser Tage auf die Straße gehen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) gegen Trumpismus und Verfall der Demokratie. Wir müssen jetzt möglichst viel Bewegen, dem Wahnsinn von rechts entgegentreten, in Deutschland wie in den USA. Überall dort, wo die Demokratie unter extremistischem Druck bröckelt, müssen wir die Risse kitten. Mit Mut, mit Kraft und eigenen Visionen einer besseren Zukunft, die sich von den Niedergangsszenarien der Populisten unterscheiden. Wir können das Schlimmste verhindern, solang es noch zu verhindern ist. Damit sich im Jahr 2055 nicht Schüler und Studierende fragen müssen: „Was hättest du 2025 getan?“
Dieser Artikel erschien in einer gekürzten Fassung im Tagesspiegel.
Wenn du diesen Text gelesen hast, ohne dafür zu zahlen, würde ich mich freuen, wenn du etwas in die Kaffeekasse (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) wirfst oder ein Abo (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) abschließt. Falls du bereits ein Abo hast: Danke, dass du meine Arbeit ermöglichst <3
PS: Schon meinen aktuellen Podcast gehört? ⬇️
https://steadyhq.com/de/janskudlarek/posts/0ea2a99c-d479-4a7b-8561-ac20de7b95ca (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)