Die Ampel auf dünnem Eis
Wir wurden gewarnt. Anders kann man es nicht sagen. Vor über zwei Jahren, als die neu gewählte Ampel gerade ihre Farben sortierte, warnten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) zwei Wirtschaftsnobelpreisträger, Joseph Stiglitz und Adam Tooze, vor einer folgenreichen Personalie: Christian Lindner. Christian Lindner als deutscher Finanzminister? Die beiden US-Ökonomen waren sich einig, das gehe nicht gut (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre):
„Das Problem besteht nicht nur darin, dass Lindners Wirtschaftspolitik – sei es bei der Schuldenbremse oder den Haushaltsregeln für Europa – eine Anhäufung konservativer Klischees ist. Viel wichtiger ist, dass es sich um Klischees einer vergangenen Ära handelt, nämlich um die der Neunzigerjahre.“
Lindner ist, für Experten schon damals erkennbar, im Theorieteil des Finanzministerführerscheins durchgefallen. Zu antiquiert die Ansichten, buchstäblich aus der Zeit gefallen. Dass man ihn dennoch hinters Steuer des deutschen Bundeshaushalts setzte, hatte weniger mit Kompetenz zu tun als mit Postengepoker und den Arrangements der Realpolitik. Immerhin: Das ist im Rahmen einer Regierungsbildung völlig normal. Da die absolute Mehrheit in einer Demokratie im Grunde – zum Glück, muss man als Demokrat hinzufügen – nicht leicht zu erreichen ist, findet eine Regierungsbildung, und anschließend das Regierungshandeln in einer Koalition, nach dem Do-ut-Des-Prinzips (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) statt. „Do ut des“ ist Latein für „ich gebe, damit du gibst“ und beschreibt den Grundgedanken sozialer Wechselseitigkeit. Ich tue etwas für dich, du tust etwas für mich. Eine Hand wäscht die andere. Und so wurde gegeben, um zu erhalten; und nicht wenige rotgrüngelbe Hände wurden gewaschen; und das Finanzministerium schaltete auf gelb, ampeltechnisch eine Warnfarbe.
Zwei Jahre später. Das Bundesverfassungsgericht haut der Regierung auf die Finger. Diese war gerade drauf und dran, sich fernab des regulären Haushalts an übrig gebliebenen Corona-Krediten zu bedienen, die – jetzt, wo die Coronakrise im Wesentlichen überwunden ist – durch einen fiskalischen Zaubertrick kurzerhand von Corona-Krediten zu Klimaschutz-Krediten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) umgewandelt worden waren. So dachte man jedenfalls. Bis das Bundesverfassungsgericht, seines Zeichens das höchste deutsche Gericht, auftrat und sagte: „Pustekuchen!“. Und so wurde es nichts mit der Wasser-zu-Wein-Nummer der Ampelregierung. Urteil: Verfassungswidrig (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)! Der Etikettentrick „Corona zu Klima“ verstößt gegen das Grundgesetz. Eine neue Lösung muss her. Bis dahin liegt der Bundeshaushalt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) 2024 brach.
Nun tritt ein, wovor die Ökonomen Stiglitz und Tooze gewarnt hatten. Die Schuldenbremse ist der Stock in den Speichen der Bundesregierung. Sie clever zu umgehen hat diesmal nicht geklappt. Das Lastenrad Klimatransformation, es steckt fest.
Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann diagnostiziert (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre):
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