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Gegen das Vergessen!

Gegen das Vergessen!


Wir liefen von Keller zu Keller, aber alle waren voll und keiner ließ uns mehr hinein. Uns blieb nichts anderes übrig, als in Todesangst durch den Bombenhagel nach Hause zu rennen. Erst Tage später erfuhren wir, dass im Keller des Saaltores 38 Menschen gestorben waren...“.


Das hat mir meine Großmutter immer wieder erzählt. Als Kind habe ich immer wieder ihren Geschichten gelauscht, ohne das ganze Ausmaß zu verstehen. Es gab nichts Spannenderes als ihre Erzählungen aus vergangenen Zeiten. Aber erst viel später habe ich begriffen, welche Gräueltaten damals wirklich geschehen sind. Wie viel Leid Menschen anderen Menschen antun, war und ist immer noch aktuell, auch in der heutigen Zeit, in der eigentlich jeder dazugelernt haben sollte. Gerade deshalb sollten wir diese Geschichten aus der Vergangenheit immer wieder erzählen, immer wieder von den Schicksalen tausender Opfer berichten und so gegen das Vergessen ankämpfen, denn nie wieder ist jetzt!


Der 9. April 1945 war ein Schicksalstag für meine Geburtsstadt Saalfeld. Die durch ihre schillernden Feengrotten bekannte Stadt erlebte an diesem Tag einen der schwersten Luftangriffe ihrer Zeit.
Dabei fielen 1300 Bomben auf das Bahnhofsgelände, verschiedene Industrieanlagen und die Innenstadt. Neben der völligen Zerstörung des Bahnhofsgeländes starben mindestens 208 Menschen, darunter 6 Ehepaare, 2 Mütter mit je 4 Kindern, 1 Mutter mit 3 Kindern und 2 Mütter mit je 2 Kindern, Bahnbedienstete, Verwundete eines auf dem Bahngelände stehenden Lazarettzuges, 7 Ausländer und 10 unbekannte Personen. Der vermeintlich sichere Luftschutzkeller des Weinhauses „Rabe“ am Saaltor wurde zur Todesfalle, nach einem Volltreffer mit einer hochexplosiven Bombe starben allein hier 38 Menschen in den Trümmern. Die Dunkelziffer der Gesamtopferzahl dürfte jedoch weitaus höher liegen. Es gab auch viele Schwerverletzte, allein am 11. April wurden über 40 ins Krankenhaus gebracht. Wie viele Menschen durch Tieffliegerangriffe in den Tagen nach dem Bombenangriff vom 9. April und durch Artilleriebeschuss ums Leben kamen, ist nicht bekannt. Viele Einwohner verließen fluchtartig die Stadt, was auch am nächsten Tag noch der Fall war. Sie suchten Schutz in alten Bergwerksstollen, in Höhlen des ehemaligen Kalksteinbruchs auf der Friedenshöhe, in Erdbunkern in der Steigerflur, in den Feengrotten (wo sie tagelang ausharrten) und in den umliegenden Wäldern.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, den vielen Opfern ein Gesicht zu geben und ihre Geschichte, ihr Leben, das von einem Moment auf den anderen ausgelöscht wurde, erzählen zu können. Deshalb laufen hinter den Kulissen des Hammerfinken-Verlages zahlreiche Archivanfragen, um den Opfern nach so langer Zeit wieder eine Stimme geben zu können. Im Archivportal ancestry" sind die Saalfelder Standesamtsbücher aus dem Jahr 1945 einsehbar, es fällt schwer zu lesen, welche Schicksale sich hinter den nüchternen Amtseintragungen verbergen. Dennoch dürfen die Opfer nicht vergessen werden.

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