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Auszeit am Meer

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Liebe Gunkelparadieser!

Einmal nur um mich kümmern müssen, den Tag mit dem füllen, was mir einfällt, malen, sticken, spazieren gehen - das hatte ich mir für meine Auszeit am Meer vorgenommen. Mal nicht für die ganze Familie kochen, keine Postings vorbereiten, auf Social Media rumhängen und gucken, ob wer Hilfe braucht oder Fragen hat. Ich wollte nur für mich da sein und ein bisschen meine Innenwelt erkunden.

Etwas in meinem Hinterstübchen - es war wohl der Teil von mir, der beständige Betriebsamkeit gewöhnt ist - wollte aber auf Nummer sicher gehen, damit mir nur nicht langweilig wurde. „Wenn alle Striche reißen, mach ich halt eine Workation draus und arbeite ein bisschen“, so der Gedanke.

Workation, das Wort habe ich kürz­lich gelernt, setzt sich zusammen aus „Arbeiten (work)“ und „Urlaub (vacation)“, also quasi Arbeitsurlaub - und damit nicht mehr wirklich Urlaub, sondern einfach Arbeiten an einem anderen Ort. Machen ja viele.

Klingt doch ganz schön. Und so packte ich das Tablet ein und die Ringleuchte.

Schon auf der Hinfahrt war ich sicher, ich würde Videos drehen, gar keine Frage. Den ganzen Tag für mich sein, Herumtrödeln und Nichtstun? Etwas in mir hatte Angst davor.

Selbstfürsorgliche Selbstsabotage

Ein anderer Teil von mir hat das mit der Auszeit aber offenbar ernster gemeint! Ringleuchte und Tablet, alles schön und gut. Doch was nutzt das ohne Ladegerät und Tischklemme, um die Leuchte zu befestigen?

Nüscht!

Beides hatte ich zuhause vergessen. Ein Ladegerät (genau genommen fehlte nur der USB-C- Steckdosen-Adapter) fand sich in örtlichen Super­markt. Aber alle Versuche, das Ringlicht irgendwo in montieren, schei­terten.

Also nix mit Filmen.

Wenigstens hätte ich ja noch den Fernseher, um mich abzulenken, wenn mir langweilig werden sollte. Aber hey! Der Teil von mir, der un­bedingt abschalten wollte, sorgte auch dafür, dass der Fernseh­empfang ab Dienstag in der ganzen Ferienhausanlage gestört war! (Natürlich war das nicht meine Schuld … aber wer weiß?)

Oh Mann!

Brauchte ich noch deutlichere Signale?

Wohl kaum.

Die Macht der Gewohnheit

Diese wenigen Tage machten es mir so überaus deutlich, wie schwer es ist, aus den täglichen Routinen auszubrechen und Dinge anders zu machen als man sie sonst gewohnt ist.

Ich bin ans Arbeiten gewöhnt, an tägliche Betriebsamkeit von morgens bis abends, an vollgepackte Tage, auch wenn nichts im Terminkalender steht, meistens mehr für andere als für mich selbst.

Ich bin es gewöhnt, mich abzulenken, auch dadurch, dass abends bei uns der Fernseher läuft.

Ich bin es gewöhnt, hauptsächlich für andere da zu sein und auf deren Input oder Anschub zu reagieren oder sogar zu warten, sei es, dass ich für die Family Essen koche, die Katze füttere oder E-Mail-Anfragen beantwortete.

In dieser Auszeit hatte ich nichts davon.

Sogar E-Mail -Anfragen zu den Kursen etc. blieben aus!

Nochmal: Oh Mann!

Ich hab echt gedacht, ich komme besten mit mir allein klar!

Jetzt, wo ich darüber schreibe, kommt mir die Rauchentwöhnung in den Sinn. Da ist es ja auch eher die Gewöhnung gewesen, die das Ganze so langwierig und schwierig gemacht hat, nicht die Substanz an sich. Als das erstmal klar war, konnte ich aktiv und bewusst andere Gewohnheiten erlernen.

Diese paar Tage haben mir klargemacht, wie tief ich in meinen eigenen Gewohnheiten stecke, wie wahr sie ist, die Redewendung von der „Macht der Gewohnheit“. Ich bin tief dankbar für diese Erkenntnis. Denn statt der Ablenkung und all dem reagierenden Aktionismus konnte ich mir die Zeit nehmen zu beob­achten, was da in mir vorging. Ich hab viel gespürt, war achtsam, habe viel geschrieben und Beobachtungen notiert und sortiert.

Konsequenz: Ich hab Arbeit vor mir

In den paar Tagen habe mich selbst wieder ein bisschen besser kennengelernt. Dabei habe ich ein paar Punkte gefunden, an denen ich „arbeiten“ will, sprich: sie verän­dern, auch wenn das wirklich „Arbeit“ bedeutet, innere Arbeit, die mir nie­mand abnehmen kann - wie das Erlernen neuer Gewohnheiten, als ich mir das Rauchen abgewöhnte. Ich weiß aber, dass sich diese Arbeit lohnt und dass sie mich näher zu meinem wahren Kern bringt.

Wer weiß, vielleicht geht die nächste Auszeit schon leichter und ich brauche gar keine „Rettungsanker“ wie das Ringlicht mehr einzupacken.

Ich bin heute sehr dankbar, mir diese Zeit gegönnt zu haben, und weder ist die Kreasphäre in der Zeit den Bach runtergegangen noch ist meine Family verhungert. Aber Sie haben mir gefehlt und ich bin auch dankbar dafür, wieder bei ihnen zu sein.

Ich wünsche dir einen entspannten Sonntag mit allem, was du liebst, und ab und an auch mal damit, etwas anders zu machen als sonst.

Andrea

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