Was hilft gegen Burnout bei Lehrern und Studenten? Neue Erkenntnisse aus Meta-Analysen zu wirksamen Interventionen
Burnout ist längst nicht mehr nur ein Thema für Manager oder Ärzte – Lehrer und Studenten gehören heute zu den Gruppen mit dem höchsten Risiko für chronische Erschöpfung, Zynismus und Leistungsabfall. Die Folgen sind gravierend: Von psychischen Problemen bis hin zu schlechteren Lernergebnissen und einem Rückzug aus dem Berufs- oder Studienalltag. Doch welche Maßnahmen helfen wirklich, um Burnout nachhaltig zu reduzieren? Zwei aktuelle Meta-Analysen liefern erstmals einen systematischen Überblick über die Wirksamkeit verschiedener Ansätze bei Lehrern und Studenten.
Burnout bei Lehrern: Kognitive Verhaltenstherapie und Achtsamkeit besonders wirksam
Die erste Studie („Investigating the Effect of Cognitive–Behavioral, Mindful-Based, Emotional-Based Intervention and Professional Training on Teachers’ Job Burnout: A Meta-Analysis“, Behav. Sci. 2023, 13, 803) fasst die Ergebnisse aus 29 randomisierten Studien mit Lehrern zusammen. Die Autoren vergleichen verschiedene Ansätze:
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT/CBI)
Achtsamkeitsbasierte Programme
Emotionale Interventionen
Berufliche Weiterbildung
Das Ergebnis ist eindeutig:
Die kognitive Verhaltenstherapie wirkt am stärksten gegen die Kernsymptome des Burnouts, vor allem gegen emotionale Erschöpfung und die sogenannte Depersonalisation (das Gefühl, sich innerlich von Schülern und Kollegen zu distanzieren). Achtsamkeitsprogramme erzielen ebenfalls deutliche Erfolge, insbesondere beim Gefühl der Selbstwirksamkeit und beim Umgang mit Stress. Berufliche Weiterbildung hat eher einen unterstützenden, aber weniger ausgeprägten Effekt. Reine emotionale Trainings zeigen laut Analyse bislang keine klaren Vorteile.
Praktische Bedeutung:
Für die Praxis empfiehlt sich eine Kombination aus kognitiven und achtsamkeitsbasierten Maßnahmen, ergänzt durch gezielte Fortbildungen. Wer im Bildungskontext Programme zur Burnout-Prävention entwickelt, sollte diese beiden Ansätze in den Mittelpunkt stellen.
Burnout bei Studenten: Rational-emotive Therapie und Achtsamkeit führen das Feld an
Die zweite Studie („Interventions to reduce burnout in students: A systematic review and meta-analysis“, European Journal of Psychology of Education, 2024) untersucht die Wirksamkeit von Maßnahmen bei Studenten. Analysiert wurden 17 Studien mit insgesamt 2.462 Studenten.
Untersucht wurden:
Rational-emotive Verhaltenstherapie (REBT)
Achtsamkeitstraining
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT)
Psychoedukation
Sportprogramme
Wichtigste Ergebnisse:
Insgesamt sind die meisten Maßnahmen wirksam – der Gesamteffekt über alle Studien ist signifikant.
Die größten Effekte zeigen sich bei der rational-emotiven Verhaltenstherapie (REBT) (Effektstärke g > 2,0), gefolgt von achtsamkeitsbasierten Programmen (mittlere Effektstärke g = 0,3–0,7).
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) zeigt positive, aber schwächere Effekte. Allerdings wurde CBT in dieser Meta-Analyse nur in einer einzelnen Studie getestet.
Psychoedukation und Sportprogramme wirken ebenfalls, jedoch weniger ausgeprägt.
Auffällig ist: Am effektivsten sind die Maßnahmen, wenn sie gezielt auf Studenten mit bereits hohem Burnout-Niveau zugeschnitten sind.
Was verbindet beide Studien?
Beide Analysen zeigen, dass strukturierte psychologische Programme Burnout signifikant reduzieren können. Besonders wirksam sind Maßnahmen, die an der Denkweise und Selbstregulation ansetzen – wie CBT, REBT oder Achtsamkeitstraining. Der Effekt auf das persönliche Kompetenzgefühl (das Gefühl, den Anforderungen gewachsen zu sein) ist jedoch oft geringer als die Reduktion von Erschöpfung und Zynismus.
Bemerkenswert:
Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) wird zwar bei Lehrern als effektivster Ansatz bestätigt, bei Studenten liefert jedoch die rational-emotive Verhaltenstherapie (REBT) noch größere Effekte. Achtsamkeitsbasierte Programme zeigen in beiden Gruppen solide, aber nicht immer überragende Wirkungen.
Sport und reine Wissensvermittlung (Psychoedukation) wirken unterstützend, sind aber in ihrer Wirkung weniger zuverlässig als die psychologischen Ansätze.
Was heißt das für Schulen, Hochschulen und die Praxis?
Gezielte, psychologisch fundierte Programme lohnen sich – sowohl für Lehrer als auch für Studenten.
Schulen und Universitäten sollten besonders auf kognitive und achtsamkeitsbasierte Maßnahmen setzen und diese systematisch fördern.
Maßnahmen, die speziell auf besonders gefährdete Gruppen zugeschnitten sind, wirken am besten.
Die Effekte auf das Gefühl der eigenen Wirksamkeit sind noch ausbaufähig – hier sollten Programme weiterentwickelt werden.
Fazit:
Burnout ist kein unabwendbares Schicksal, sondern lässt sich aktiv und nachweislich beeinflussen. Die aktuellen Meta-Analysen belegen: Wer auf strukturierte psychologische Ansätze wie kognitive Verhaltenstherapie, rational-emotive Therapie oder Achtsamkeit setzt, kann den Kreislauf aus Erschöpfung und Rückzug wirkungsvoll durchbrechen – und sorgt damit nicht nur für mehr Wohlbefinden, sondern auch für bessere Lern- und Arbeitsergebnisse.
Hintergrund:
REBT (rational-emotive Verhaltenstherapie) wurde von Albert Ellis bereits in den 1950er Jahren entwickelt und gilt als eine der ersten Formen der kognitiven Verhaltenstherapie.
CBT (kognitive Verhaltenstherapie), wie sie heute meist praktiziert wird, wurde etwas später von Aaron Beck begründet und hat sich aus ähnlichen Grundideen entwickelt.
Gemeinsamkeiten:
Beide Ansätze gehen davon aus, dass nicht die Situation selbst, sondern die Bewertung (Gedanken, Überzeugungen) die Gefühle und das Verhalten bestimmen.
Typisch ist das Arbeiten mit konkreten Situationen, dem Hinterfragen von Denkmustern und dem gezielten Aufbau neuer, hilfreicher Gedanken.
Unterschiede:
REBT legt einen besonders starken Fokus auf das Erkennen und Hinterfragen von sogenannten irrationalen Grundüberzeugungen (wie „Ich muss perfekt sein“ oder „Alle müssen mich mögen“). Diese werden häufig als absolut und dogmatisch bezeichnet („Ich muss“, „Ich darf nie“, „Es ist schrecklich, wenn…“).
CBT ist oft breiter angelegt, geht also über das Erkennen irrationaler Überzeugungen hinaus und arbeitet auch stärker mit Verhaltensexperimenten, Problemlösetechniken und dem Aufbau von Selbstmanagement.
Praktisch bedeutet das:
Die konkrete Anwendung im Alltag unterscheidet sich meist kaum. Das ABC-Modell der REBT ist in der modernen CBT in ähnlicher Form enthalten. Viele Übungen, wie das Gedankenprotokoll oder die Disputation (das rationale Überprüfen von Gedanken), finden sich in beiden Ansätzen.
Fazit:
Wer REBT anwendet, nutzt praktisch einen speziellen Ansatz der kognitiven Verhaltenstherapie – und profitiert dabei von der jahrzehntelangen Erfahrung und wissenschaftlichen Fundierung beider Methoden. Die Grundidee bleibt: Nicht die Situation macht dich fertig, sondern das, was du darüber denkst – und genau das lässt sich gezielt ändern.
Quellen:
Li, J.; Xue, E.; He, Y. (2023): Investigating the Effect of Cognitive–Behavioral, Mindful-Based, Emotional-Based Intervention and Professional Training on Teachers’ Job Burnout: A Meta-Analysis. Behav. Sci. 2023, 13, 803.
Madigan, D. J.; Kim, L. E.; Glandorf, H. L. (2024): Interventions to reduce burnout in students: A systematic review and meta-analysis. European Journal of Psychology of Education, 39, 931–957.
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