#170 Martin Doppelbauer – Mit E-Autos lassen wir nichts anbrennen
Hier ist die Zukunft zur Abwechslung einmal völlig klar: Der PKW der Zukunft ist elektrisch und er nimmt seinen Strom aus einer Batterie. Punkt aus. So wird es auf Jahrzehnte sein. Sagt Martin Doppelbauer, Professor für hybridelektrische Fahrzeuge am KIT. Keine andere Antriebslösung ist überlegen, keine andere im Massenmarkt verfügbar, weder jetzt noch auf absehbare Zeit. Martin sagt: Wer Brennstoffzellen in PKW oder gar Wasserstoff propagiert, wer auf eFuels oder Biofuels setzt, betreibt Augenwischerei. Wer so argumentiert, will letztlich nur Verwirrung stiften, um auf diese Weise noch eine Weile länger konventionelle Verbrenner verkaufen zu können. Das mag man noch so vornehm „Technologieoffenheit“ nennen. Technologieoffenheit ist notwendig in der Forschung, in der Vorentwicklung in der Industrie. Aber sobald der Weg klar ist, ist Technologieoffenheit nur ein Synonym für Entscheidungsschwäche. Und da ist Martin sehr klar: Bei Antrieben im PKW ist die Perspektive so klar, dass keine Entscheidung sogar schlimmer wäre als eine falsche.
Auch wenn der Elektromotor bereits 200 Jahre alt ist und im Industriebereich spätestens in den 80er Jahren als ausentwickelt galt, sind in den letzten Jahrzehnten erstaunliche Entwicklungen gelungen. Noch vor 15 Jahren verfügte die Automobilindustrie im Grunde über keine Kompetenz beim Thema Elektromotor. Seitdem hat sie nicht nur aufgeschlossen, sondern Motoren entwickelt, die völlig anders aussehen und um den Faktor 100 besser sind als die Industriemotoren in Rolltreppen und Pumpen der 80er Jahre. Was damals ein großer Kühlschrank war, ist heute nur noch so groß wie eine Melone.
Diese Entwicklung wird sich nicht erheblich weiter fortsetzen lassen. Die nächsten Schritte erwartet Martin beim Thema Batterie. Damit endgültig ist dann auch das Reichweitenthema erledigt. Auch wenn das, Martin berichtet ausführlich von seinen Erfahrungen und dem Anpassungsprozess an Batterie-elektrisches Fahren, im Grunde heute schon Geschichte ist.
Martin räumt mit Mythen auf: Elektroautos fangen schnell Feuer. Nein, Verbrenner gehen erheblich häufiger in Flammen auf. Spätestens, wenn die Festkörperbatterie in Serie geht, ist das Elektroauto kaum noch entflammbar. Die Batterie braucht so viel Wasser bei der Herstellung. Stimmt: Rund 80.000 Liter. Die Herstellung von Benzin und Diesel braucht allerdings so viel Wasser, dass ein Verbrenner im Laufe der Nutzung sehr viel mehr als nur 80.000 Liter Wasser benötigt. Aber der Strom?! 2/3 des Stroms, den wir für eine vollelektrische PKW-Flotte in Deutschland benötigen würden, brauchen wir heute schon: Für die Herstellung von Benzin und Diesel. Und wie lang hält die Batterie? Inzwischen deutlich länger als das Auto drum herum.
Kleiner Nebenschauplatz: Da PKW immer größer werden, geht der faktische Benzinverbrauch in Deutschland nicht zurück. Er steigt sogar, auf inzwischen 7,9 Liter pro 100 km. Überraschend: In der Schweiz fahren tendenziell noch größere Autos; sie fahren über sehr viel mehr Bergstrecken, müssten also einen höheren Verbrauch haben. Allerdings hat die Schweiz ein Tempolimit - und der Durchschnittsverbrauch beträgt nur 6,1 Liter. Martin rechnet vor: Ein Auto mit Tempo 160 benötigt so viel Leistung wie vier (!) Autos, die mit Tempo 100 fahren.
Martin hat ein Strategiepapier verfasst, in dem er die unterschiedlichen Antriebsarten im Detail miteinander vergleicht. Es steht hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).
Die Folge "carls zukunft der woche" mit Heiner Monheim trägt die Nummer 80 und findet sich u.a. hier: https://www.carls-zukunft.de/podcast-80/ (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Zu Gast: Martin Doppelbauer (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), Professor für hybridelektrische Fahrzeuge (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) am Karlsruhe Institut für Technologie