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Lob der Langsamkeit

Entspannung wirkt hilft dir, Entspannung in deinen Alltag einzubauen und deine mentale und körperliche Gesundheit besser zu verstehen. Diese Woche: Zeit und Langsamkeit.

In vielen Fantasiereisen geht es um eine gefühlte Ausdehnung der Zeit - so, wie man sie im besonderen Zustand der Entspannung, erfährt, in der Trance. Raus aus der Hektik, rein ins bewusst Langsame - das wünschen sich viele.

Beethovens achte ganz langsam

Lernen kann man auch von Uwe Kliemt. Kliemt ist Pianist, Zeitexperte und Fan der Langsamkeit. Wenn er Beethovens achte Klaviersonate spielt, spielt er sie einmal schnell und einmal langsam. Er sagt:

„Dieselben Noten! Aber ich entziehe ihnen durch Geschwindigkeit den Charakter, und auf einmal kommt dieses Moll, dieses Klagende, zum Ausdruck."

Kliemt ist überzeugt: Viele klassische Stücke wurden ursprünglich langsamer gespielt. Erst in der vom Beschleunigungswahn erfassten Gegenwart wurden sie immer schneller aufgeführt – zum Beispiel, um zu zeigen, wie virtuos der Pianist seine Finger auf den Tasten bewegen kann. Die alten Komponisten würden es aber vermutlich anders machen und sich richtig schön Zeit lassen:  

„Mozart klagte beispielsweise über einen Spieler, der seine Sonaten so runter gehudelt hat. Ganz klar: Je schneller eine Sache wird, desto weniger kann ich es erleben."

Verein zur Verzögerung der Zeit

Uwe Kliemt ist nicht nur in der Musik ein Fan der Langsamkeit. Vor einiger Zeit stieß er zufällig auf den Verein zur Verzögerung der Zeit (Öffnet in neuem Fenster), einen 1990 in Österreich gegründeten Akademikerclub, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, dem Rad der Zeit hin und wieder mal ein Stöckchen zwischen die Speichen zu stecken. Kliemt ist Mitglied und hat sich wie seine Vereinskollegen dazu verpflichtet, in Situationen inne zu halten, in denen zu große Schnelligkeit nur Scheinlösungen produziert.

Auf die innere Uhr hören

Hektik und Stress entstehen, wenn die innere Uhr des Menschen nicht mit der sozialen Uhr übereinstimmt.

“Die soziale oder gesellschaftliche Uhr gibt beispielsweise vor, wann wir im Büro erscheinen müssen und wie lange eine kurze Pause ist“,

sagt Wissenschaftsautor Peter Spork. (Öffnet in neuem Fenster) Sie tickt im Gegensatz zu der inneren Uhr immer schneller. „Wir müssten eigentlich der Trägheit der inneren Uhr nachgeben“, rät Peter Spork.  „Und die sagt bei den meisten Menschen, morgens länger zu schlafen und abends länger wachzubleiben.“  

Im Leben der eigenen inneren Uhr zu folgen, können sich die wenigsten leisten. Doch Uwe Kliemt hat gelernt, sich im Alltag Situationen bewusst zu machen, in denen es kein Grund zur Hetze gibt. „So werde ich zum Beispiel an roten Ampeln inzwischen nicht mehr so rappelig. “

Wie man dahin kommt? Die meisten wissen, wie es geht, sich ausgiebig Zeit zu lassen, sagt Kliemt:

“Ein Glas Wein stürzt wohl niemand so schnell herunter. Stattdessen zelebrieren die meisten beim Trinken automatisch eine Kultur der Langsamkeit. Sie schmecken, lassen auf der Zunge zergehen - sie genießen langsam und persönlich richtigen Tempo. Da hat man die Qualität der Langsamkeit noch.“

Kategorie Entspannung wirkt Wissen