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Muss man sich leisten können

Menschen sind grundsätzlich bequem. Und daran ist grundsätzlich nichts falsch. Und doch: da ist ein Störgefühl, das ich zu verorten versuche.

Arbeitsbedingt verbringe ich aktuell mehr Zeit auf LinkedIn. Da gibt es viele spannende und noch mehr irrelevante Takes zur Arbeitswelt (Öffnet in neuem Fenster). Besonders empfehlenswert finde ich die Posts von Neue Narrative, die hier (Öffnet in neuem Fenster)zum Beispiel Vorschläge nennen, wie Arbeitgeber:innen Burnouts verhindern können. In was für einer Welt wir leben, in der Massenburnouts eine reelle Gefahr darstellen.

Foto von Bench Accounting (Öffnet in neuem Fenster) auf Unsplash (Öffnet in neuem Fenster)

Selfcare sollte im Kapitalismus nicht so radikal sein, wie es ist

Es ist dieselbe Welt, in der wir chronisch Kranke beneiden, weil sie so viel zu Hause bleiben können. Margarete Stokowski und Visa Vie positionieren sich immer wieder auf ihren Kanälen dazu, wie man entweder nie krank genug erscheint und gleichzeitig sowas wie Ruheneid entsteht.

Da geht etwas in eine vollkommen falsche Richtung. Menschen zu sozialisieren, dass sie ihr Leben optimieren, um noch produktiver zu sein, scheint mir grundverkehrt.

Versteht mich nicht falsch: Ich bin eine große Freundin davon effizient zu arbeiten, ich mag meine Arbeitsphasen, wenn ich mich in etwas reinsteigern kann (aber in positiv und auf chill) und ich befürworte Prozesse zu kürzen und Wege zu finden, dass wir unsere Zeit sinnvoller, effizienter nutzen.

Foto von Samantha Gades (Öffnet in neuem Fenster) auf Unsplash (Öffnet in neuem Fenster)

Aber nicht auf Kosten meines restlichen Lebens. Dass Arbeit zum Lebensmittelpunkt wird, habe ich als Schülerin gefürchtet wie kaum etwas anderes. Und jetzt bin ich mittendrin. 40 Stunden. Jede Woche.

Auch gegen Arbeit prinzipiell habe ich wenig, kommt halt auf die Definition von Arbeit an. Es ist aber immer sinnvoll die Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Strukturen zu hinterfragen, die uns an den jetzigen Punkt gebracht haben. Und ich finde es auch sinnvoll, die Art und Weise seiner Arbeit zu hinterfragen. Genau da drückt bei mir aktuell ein Schuh. 40 Stunden. Jede Woche. Mache ich in der Zeit einen Unterschied? Mache ich etwas sinnvolles?

Demokratie ist kein Naturgesetz

Denn im aktuellen politischen Klima der hustle culture wegen zu arbeiten, muss man sich leisten können. Nicht zu wählen, nicht auf Demonstrationen zu gehen, sich nicht in Diskurse zu wagen, die undurchsichtig wirken, nicht den Status Quo zu hinterfragen und darauf hoffen, dass jemand anders es richten wird und der Wohlstand irgendwie erhalten bleibt oder irgendwie kommt— muss man sich leisten können.

Ich finde, wir, als Gesellschaft, du und ich und alle anderen, können uns das nicht mehr leisten. Demokratie ist kein Naturgesetz. Man muss sich für sie einsetzen und sie leben. Aber auch auf der kleineren Ebene frage ich mich, ob ich meine Entscheidungen in 40 Jahren noch genauso vertreten würde. Ob ich hier und heute zu bequem bin.

Ich bin in meinen 30ern und damit verbunden ist ein Anspruch an mich selbst besser zu reflektieren und keine Zeit zu verspielen. Wie kann ich das, was ich kann, sinnvoll(er) einbringen? Einerseits ist das mein Problem und ich muss meinen Platz in diesem kapitalistischen System immer wieder eruieren und versuchen nicht in den auf Maximum, Produktivität und Wachstum ausgelegten Strukturen unterzugehen. Andererseits muss man sich doch fragen, inwiefern man Teil des Problems ist und welche Hebel man selbst hat, um es zu verändern.

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Mich hat Dredge ja sehr begeistert, auch wenn gegen Ende doch die Luft raus war. Vor einiger Zeit erschien ein DLC, The Pale Reach, über den ich im Lost Levels Podcast (Öffnet in neuem Fenster) gesprochen habe, den ich aber auch für Youtube durchgespielt habe.

https://www.youtube.com/watch?v=urYlduLNhK4 (Öffnet in neuem Fenster)

Für Superlevel habe ich über Musik in Mobile Games geschrieben. Wie viel Geld in dieser Teilbranche steckt, wie Innogames Musik in ihre Spiele bringt, was sie damit bezwecken und wie die Komponistin von Soundtracks für Angry Bird und Clash of Clans die Zukunft der Gaming Musik sieht.

https://www.superlevel.de/mobilegames-soundtrack-angrybirds/ (Öffnet in neuem Fenster)

Für den Kanal von Alice, “Horrorzeit”, habe ich die Geschichte hinter dem Necronomicon recherchiert und aufgeschrieben. Es geht um Tanz der Teufel, die Inquisition, echte Bücher aus Menschenhaut, Mesopotamien und die Kassette (die ich als late Millenial nicht von einem Tonband unterscheiden konnte, aber wir werden das überleben).

https://www.youtube.com/watch?v=RJCBvz9wtE0 (Öffnet in neuem Fenster)

Neues Jahr, neue Sinnkrise

Mich hat das in eine mittelschwere Sinnkrise gestürzt, die in der Form alle paar Jahre kommt, wenn ich das Gefühl habe, ich mache das, was ich gerade mache, lang genug und es wird Zeit sich neu zu erfinden, sich neu an die Welt anzupassen und neue Chancen zu nutzen statt in der immer gleichen Bubble zu versauern.

Erschwerend kommt hinzu, dass ich nicht passiv und bequem in meinem 10qm Büro sitzen und jeden Monat auf mein Gehalt warten will, nicht darauf hoffen, dass ich Ungerechtigkeit ausblenden kann und im Alter schon irgendwie Rente bekommen werde. Das muss man sich leisten können. Kann und will ich aber nicht.

Foto von Brands&People (Öffnet in neuem Fenster) auf Unsplash (Öffnet in neuem Fenster)

Wir kommen hier heute zu keinem Ergebnis und manchmal ist es schon wertvoll Gedanken auf Papier zu bringen, um sie weiterdenken zu können. Was ich mit dem besagten Störgefühl meine, ist im Grunde das genaue Gegenteil von diesem Buchstabensalat (Öffnet in neuem Fenster)und weniger Bequemlichkeit, wenn es darum geht, eine Welt zu schaffen, in der alle leben möchten — und können.

Perspektivwechsel

Hier einige empfehlenswerte Dinge, die ich die letzten Wochen konsumiert habe:

  • Seelenfänger (Öffnet in neuem Fenster): Ein Podcast des br über den Anastasia-Kult, wo mir nochmal mehr die Verbindung zwischen Naturliebe, Esoterik, Öko und völkischem Gedankengut aufgefallen ist. Ein schmaler Grat zwischen “Ich mag den Harz” und “Der Harz nur für Deutsche”. Niemand ist rechts, nur weil er/sie gerne im Garten arbeitet. Aber es gibt eben diese Pipeline nach rechts.

  • Die fünf feministischen Gebote von Gillian Anderson (Öffnet in neuem Fenster)

  • Tatort Kunst (Öffnet in neuem Fenster): Dieser Podcast von Deutschlandfunk beschäftigt sich mit Verbrechen in der Kunstszene. Mal ist es der Verkauf von Nazi-Porzellan, mal ein zweites Bild, das auftaucht und in Frage stellt, welches Bild die Fälschung ist.

  • Hidden Cup V Qualifiers (Öffnet in neuem Fenster). Wer Lost Levels hört, weiß Bescheid, ich bin in einem Age of Empires 2-Loch. Und T90 veranstaltet aktuell ein neues Turnier, Hidden Cup V. Zum 5. Mal treten die 16 besten AoE2-Spieler gegeneinander an, aber unter Pseudonymen, sodass bis zuletzt niemand weiß, wer wer ist. Die Qualifier fanden noch unter echten Namen statt, das Turnier selbst startet Anfang März.

Meme der Woche

Taylor Swift hat einen Privatjet. Es gibt (leider) gute Gründe, wieso Staatsmenschen oder Prominente nicht mit uns in der 2. Klasse sitzen oder Bus fahren, sondern eben Privatjet fliegen.

Gleichzeitig machen solche Superreichen und ihre Mobilität einen Großteil dessen aus (Öffnet in neuem Fenster), was die Menschheit zur Erderwärmung beiträgt. Taylor Swift erlangte in dem Kontext Berühmtheit, weil sie 1. besonders viel und besonders kurze Strecken fliegt und 2. den Inhaber eines Twitter-Accounts, der die dazu öffentlichen Daten gelistet hatte, zu verklagen droht (Öffnet in neuem Fenster).

Taylor Swift datet außerdem Travis Kelce, einen Footballspieler. Er spielt für die Kansas City Chiefs, die vergangenes Wochenende den Superbowl gewannen. Parallel findet Swifts Eras Tour statt. Swifties fragten sich, ob sie es nach dem Konzert noch rechtzeitig zum großen Spiel ihres Freundes schafft. Dank Privatjet schon.

Als im Oktober 2023 die ersten Pressemeldungen zu Swifts Jet erschienen, und hier begeben wir uns in speculation territory, spielten die Kansas City Chiefs gegen die New York Jets. Swift schaute sich das Spiel vor Ort mit einer Reihe prominenter Freunde an. Entsprechend zeigten Suchen nach “Swift jet” nun Bilder vom Footballspiel statt Nachrichten über ihr Flugverhalten.

Danke

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Bleibt gesund, der Winter ist fast vorbei

Christina

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