Mindestens minimal – Teil III
Was man so alles sammelt!
Heute mal ein kleiner Exkurs. Vor ein paar Wochen begann ich, eine oft versuchte Idee umzusetzen. Also wirklich durchzuziehen. Ich las Bücher, schaute im Netz nach Videos und versuchte das Thema Minimalismus zu durchdringen. Fun Fact, ich bin noch dabei.
Dann, vor zwei oder drei Wochen, habe ich einfach begonnen. Aussortieren und wegschmeißen. Und es funktioniert. Aktuell. Und nun zum Exkurs, der mir etwas Interessantes aufgezeigt hat. Wenn man Minimalismus in sein Leben lässt, bedeutet das Veränderung, Loslassen, Entschleunigen. Ich habe jetzt gesehen, was passiert, wenn man das nicht tut.
Also, auf in eine großelterliche Wohnung. Großeltern sind toll. Meistens jedenfalls. Sie müssen nicht arbeiten, sie haben Zeit und Nerven. Hofft man zumindest. Und sie haben fast immer sehr viele seltsame Sachen. Seltsam, weil sie halt auch etwas älter sind. Quasi aus der Zeit gefallen. Man fühlt sich oft wie in einem Museum.
Ich war schon in mehreren Wohnungen von Großeltern. Hatte doch selbst welche. Oder habe. Aber ich musste bisher nur zweimal eine Wohnung betreten, um sie auszuräumen. Einmal aufgrund eines Verstorbenen. Und einmal aufgrund eines Umzugs ins Seniorenheim. Und dabei sieht man, was im Leben alles an Dingen zusammenkommt.
Von Geschirr über Küchenwerkzeug zu Klamotten, Büchern und allerlei Nippes. Figurinen, Sammelteller und Gläser. Wagenleitungen, Tischtücher, Papiere, Bilder, Postkarten. Und noch so viel anderes mehr. Wirklich, so viel mehr, dass man als Angehöriger beim Sortieren förmlich ins Schwitzen gerät. Die Kapazität der Mülltonnen ist begrenzt. Und der Kaufwille auf Kleinanzeigen und Flohmärkten eher gering.
Und damit will ich weniger darauf hinaus, dass man den ganzen Kram wegwerfen soll. Eher, wow, das sammelt sich also in einem Leben? Was soll ich damit anfangen? Und wohin damit? Tatsächlich ist es so, dass vieles dann wirklich weggeworfen wird. Obwohl das Herz daran hängt. Also nicht zwingend das eigene, sondern das der Angehörigen.
Bei beiden Malen war ich erstaunt. Das zweite Mal als Erwachsener sogar umso mehr. Was Großeltern so alles aufheben oder sammeln. Von Werkzeug, darunter Hämmer in unzähligen Ausführungen, über Schallplatten, hin zu Geschirr. Wie bereits erwähnt. Oft vollständig gesetzt. Gerade dazu einladend, sie in Vitrinen zu stopfen oder an die Wand zu hängen.
Kennt ihr Sammelteller? Bierkrüge mit Motiv? Ich auch. Auch wenn ich mir so etwas nicht ins Haus holen würde. Zugegeben, ich sammle Legosets und Bücher. Auch nicht besser.
Die Menge an Dingen, die über die Jahrzehnte anfällt, ist atemberaubend. Und noch verstörender ist es oft, diese Dinge zu sichten und zu entscheiden, was man mit dem Besitz der Angehörigen tun soll.
Sind wir ehrlich, wenn jemand verstirbt, hat man nur wenig Chance, auch nur etwas davon zu retten oder mitzunehmen. Denn man hat selbst eine Wohnung, in der sich schon genügend Kram befindet. Das heißt, der große Teil, der nicht zu veräußern geht, fliegt weg. Geht ein Elternteil, ein Großelternteil in ein Seniorenheim, besteht zumindest eine geringe Chance, dass ein kleiner Bruchteil mitgenommen werden kann. Das erleichtert es etwas.
Trotzdem hat vieles eine Geschichte, eine Erinnerung, ein Ort, etwas, was eine Emotion hervorruft. Entweder ist man selbst betroffen oder man weiß, dass die Angehörigen an diesem Ding hängen. Und das ist auch der Grund, weshalb wir diese Gegenstände aufheben. Warum sie aufgehoben werden. Selbst, wenn die emotionale Bindung vollkommen irrational ist.
Ein weiterer Grund, warum aber gerade die Großelterngeneration so viel Zeug hat. Viele wurden während oder nach dem Krieg geboren und wuchsen zu einer Zeit auf, in der es nicht im Ansatz die Masse an Konsum an Gegenständen gab, wie das heute der Fall ist. Ergo entwickelte sich eine Mentalität, die aufheben, einlagern, könnte man noch benötigen, war und ist sogar heute noch ein oft beschworener Grund.
Ja, sie waren sammelwürdig, unsere Großeltern. Und gute Prepper. Aber das ist ein anderes Thema.
Das Fazit für mich ist, ich habe aus diesen beiden mir selbst bekannten Aktionen gelernt, dass zu viel Konsum, zu viel unnützer Kram all das belastet. Später, vielleicht nicht gleich, aber spätestens dann, wenn man selbst in seiner eigenen Wohnung nicht mehr leben kann, weil man zu alt ist oder weil man verstorben ist.
Es belastet die Angehörigen, weil diese organisieren müssen, was mit diesen ganzen Besitztümern geschieht. Und es belastet selbst. Denn je mehr man sich ansammelt, desto mehr muss man aufräumen, man muss Ordnung halten, man benötigt Stauraum. Und man vergisst, was man eigentlich hat.
Viele Sachen bleiben ungenutzt in den Schränken und werden über Jahre nicht wieder angefasst. Was es dann tatsächlich aber umso schwerer macht zu entscheiden, ob man sie wegwirft. Sind wir ehrlich, vieles ist bereits in zehn Jahren oder sogar eher veraltet. Warum also aufheben? Wenn man es braucht und nutzt: Go for it. Ansonsten sollte man es wegschmeißen oder verkaufen. Es sei denn, es ist Lego.
Damit kann man sich dann auch noch seinen eigenen Grabstein bauen. Das ist auch eine Recycling-Idee.
Bildquelle (Si apre in una nuova finestra) des Teaserbildes