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Thalaris Almanach - Buch 1: Initiierung

Teil 11 - Spinnen!

ch stand noch immer versteinert da und starrte auf das kleine Buch, in der Hoffnung, dass mehr erschien. Doch kein Zeichen zeigte sich auf den vergilbten Seiten. Trotzdem konnte ich es nicht glauben. Ich hatte endlich die Spielmechanik gefunden. Reichlich spät und auf ungewohnte Weise, aber da war sie. Ich blätterte wiederholt in den Seiten, doch der Rest blieb leer. Egal!

Ich schlug das Buch zu und steckt es zu den anderen Sachen in meine Tasche. Die, wie ich nebenbei bemerkte, schwerer und unhandlicher wurde. Grübelnd sah ich mich um. Es galt …

Ein Scharren und Rumpeln zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Die Statue vor mir senkte sich ab. Am Stein kratzend, verschwand sie langsam im Boden. Gleichzeitig setzte ein Knirschen in den Wänden ein. Bis hinauf zu den runden Löchern. Und dort, geriet etwas in Bewegung. Oh nein!

Ich suchte meinen Dolch, ließ es aber, als ich sah, was dort herauskroch. Spinnen! Grnark-große Spinnen. Nicht wie Nim, eher wie die Wachen. Hektisch kramte ich nach der bronzefarbenen Stange, darauf bauend, ihr Geheimnis rechtzeitig zu lüften. Als ich sie in der Hand hielt, wog sie schwer darin. Die Spinnen kamen im selben Tempo auf mich zu, wie die Statue im Boden versank. Ich zog mich langsam zur Brücke zurück.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie an allen Seiten Kreaturen hinab krabbelten. Und wie die wild kochende und sprudelnde Flüssigkeit im Graben nach mir griff. Ich wandte mich um und rannte los. Das schien meine Verfolger aufzustacheln, denn sie erhöhten ihr Tempo. Während ich lief, drückte ich auf der Stange herum. Nichts geschah. Dann würde sie eben als Keule herhalten müssen. Etwas länger als mein Dolch war sie.

Ich beobachtete die Spinnen, welche mit zu vielen Gliedmaßen auf mich zu rannten. Einige hoben den vorderen Teil ihres Körpers und fauchten. Die ersten gelangten über die Brücke. Im selben Moment, als die farbenfrohe Substanz darin übertrat. Dann geschah zweierlei:

Die Spinnen, die erwischt wurden, kreischten und sackten zitternd zusammen, während die Flüssigkeit sie förmlich verschlang, als hätte sie ein eigenes Bewusstsein. Das Kreischen erschreckte mich derartig, dass ich zusammenzuckte. Dabei schüttelte ich die Stange. Zu beiden Seiten rutschten die Enden ein Stück heraus. So funktionierte das.

Ich schüttelte die Stange kräftiger und mit einem Schnappen schossen die Endstücke bis auf eine Länge heraus, die mich um zwei Köpfe überragten. Eine Seite lief spitz zu. „Ein Speer!“, rief ich jubelnd. Hinter mir fauchte es.

Ich fuhr herum. Die Kreaturen auf dieser Seite hatte ich fast vergessen. Im Moment stand eine Gruppe von fünf Tieren hinter mir und versperrten den Weg zum Kriechgang. Auf der anderen Seite krachte und kreischte es. Die Statue war komplett verschwunden, wie ich mit einem Schulterblick feststellte. Dafür rieselte Staub von der Decke. Und Gesteinsbrocken.

Den Speer vor mich haltend, schritt ich langsam auf die Monster zu. Zwei davon waren übermütig und griffen an. Hektisch stach ich mit dem Speer nach dem Ersten und erwischte es mitten zwischen die Augen. Weißes Blut schoss hervor, der grauschwarze Körper zitterte und das Monster sackte ohne einen Laut zusammen. Das gefiel den anderen überhaupt nicht. Der zweite Angreifer war stehen geblieben, als sein Artgenosse starb, doch jetzt griffen sie alle vier an.

Ich nahm die Beine in die Hand und warf mich nach hinten. Ich wollte versuchen, sie in einem Bogen hinter mir herzuziehen. Wie ich an der Brücke sah, konnte von dort keines der Wesen mehr kommen, der Graben war vollends übergelaufen. Die Flüssigkeit darin schob sich fast suchend voran. Die Spinnen hielten Abstand dazu, bleiben mir aber auf den Fersen. Etwas knallte, Staub fiel nach unten und ein faustgroßes Stück Stein traf mich an meiner verletzten Schulter. Ich keuchte vor Schmerz und rannte weiter. Ich hatte den Vorhaben fast beendet, als eines der Spinnentiere den Weg abkürzte und mich geradewegs attackierte, anstatt hinter mir herzu trotten.

Es warf sich förmlich auf mich. Ich sah ein Dutzend Beine. Wieder knallte etwas, als ich den Speer herumwirbelte und er gegen die Seite des Monsters krachte. Es flog einige Meter weit weg und blieb liegen. Neben mir donnerte Gestein auf den Boden. Die Höhle stürzt ein! schoss es mir durch den Kopf.

Immer mehr Brocken landete auf dem Boden, kleineres Gestein rieselte mir auf Kopf und Schultern. Die Spinnen und ich, wir mussten Slalom laufen, um den größeren Stücken auszuweichen. Die Flüssigkeit bewegte sich ebenfalls immer schneller. Sie schnitt zweien der Tiere den Weg ab und löste sie binnen Sekunden auf. Das von mir betäubte Tier wollte sich erheben als ein Brocken so groß, wie ich hinab donnerte und es erschlug. Abgerissenen Spinnenbeine und weißes Blut schossen hervor und benetzten den Boden. Ich musste würgen.

Blieb noch eines der Tiere, doch das war verschwunden. Befreit atmete ich auf und suchte den Kriechgang. Mein Weg hatte mich am Graben entlang auf die Felswand zugeführt, in welcher handbreite Risse klafften. Ich hoffte, dass der Gang noch offen war. Ich raste an der Felswand entlang und hätte die Öffnung beinahe verfehlt. Als ich mich hineinstürzen wollte, schoss mir ein grauer Schemen entgegen und nagelte mich am Boden fest. Das letzte Tier!

Ich schrie auf. Das Vieh hob seinen vorderen Körperteil und bewegte seine Greifer, von denen Speichel und was auch immer troff. Die Zähne dahinter waren spitz und warteten nur darauf, sich in mein Fleisch schlagen zu können. Es hatte mich mühelos fixiert. Meine Beine und mein rechter Arm wurden festgehalten, der Speer war verschwunden.

Ich drehte den Kopf hin und her, stemmte mich gegen die Fixierung, was die Spinne in Rage versetzte. Sie kreischte und senkte zwei weitere Beine auf mich hinab. Ihr Hinterleib bog sich unter ihren Körper. Panisch versuchte ich, mich wegzuschieben. Versuchte, an meinen Beutel zu gelangen. Keine Chance. Er befand sich unter meinem fixierten Arm, ich konnte den Dolch fühlen, kam aber nicht heran.

Ich blickte nach zu meinen Füßen. Aus dem Hinterleib schob sich jetzt ein handlanger Stachel. „Oh nein, nicht mit mir!“, schrie ich dem Biest entgegen und warf mich mit Wucht herum. Meine rechte Hand war frei. Ich zerrte den Beutel hervor. Die Bewegungen ließen die Spinne kreischen. Ihr Vorderleib stürzte auf mich, sie griff mich mit ihren Greifern an. Ich wälzte mich zur Seite, suchte den Dolch, bekam ihn zu fassen und rammte ihn senkrecht nach oben.

Schleim und weißes Blut flossen über meine Hände. Das Biest kreischte, fauchte und wandte sich. Verzweifelt versuchte es, mich zu beißen oder zu stechen. Den Stachel hatte ich beinahe vergessen, bis er mir die Haut am Oberschenkel ritzte. Schmerz schoss hindurch. Ich drehte mich weg, kaum dass der Griff des Monsters locker wurde.

Mit dem Dolch fuchtelnd, rollte ich beiseite und zog mich mühevoll in die hockende Position. Die Spinne blieb erstarrt stehen. Sie schien an mir vorbei etwas zu sehen. Ich drehte mich um und zog mich langsam zurück. Die Flüssigkeit aus dem Graben schob sich, ölige Schlieren bildend, auf mich zu. Nein, an mir vorbei! Sie ignorierte mich.

Wie konnte das sein?

Die Spinne stolperte davon, versuchte Abstand zwischen sich und die Brühe zu bekommen, doch mein Dolchangriff hatte ihr zugesetzt. Das Zeug kroch förmlich auf die Spinne zu, hilflos fauchen wich sie immer weiter zurück, bis sie endgültig eingekesselt wurde. Die Substanz floss förmlich an ihr hoch. Sich windend und kreischend, löste sie sich auf.

Es war fürchterlich. Die Substanz schillerte dabei nach wie vor in allen Farben, fast, als würde sie sich freuen. Anstatt jetzt mich anzugreifen, verschwand sie. Nicht etwa durch Verdunsten oder Ähnliches, nein, sie wurde durchsichtig und war weg. Zeitgleich stürzten sich Dutzende, wenn nicht Hunderte weitere Spinnen aus den Löchern und die Decke begann zu zerfallen.

Riesige Brocken landeten jetzt zusammen mit Sand, Erde und Staub auf dem Boden. Ich sah zu, dass ich wegkam. Der Kriechgang war hinter mir, ich hielt mir ein Stück meines Oberteils vor die Nase und rannte darauf zu. Die Verletzung durch den Stachel behinderte mich zum Glück nicht. Der Speer lag eingeklappt davor. Ich musste dringend den Mechanismus davon herausfinden.

Ich kroch schnell in den Gang. Zu Beginn ging es leicht, doch als der Anstieg kam, hing ich fest. Staub drang ein, ich hörte das Fauchen und Kreischen der Spinnen, die verzweifelt ebenfalls einen Ausweg zu suchen schienen. Und ihn fanden. Verdammt, was jetzt?

Mir fiel die Funktion des Speeres wieder ein. Ich hielt ihn schräg, schüttelte ihn und er fuhr in beide Richtungen aus. Leicht verkantet diente er mir als Kletterhilfe. Zusammen mit den eingestemmten Füßen zu beiden Seiten. Nicht sehr effektiv, ich rutschte immer einen Schritt zurück für jeden halben Meter, den ich schaffte. Hinter mir klackerten die Krallen auf dem Steinboden.

Nach der Hälfte des Anstieges war ich außer Puste und musste kurz verschnaufen. Ein Blick über die Schulter sagte mir, dass ich weiterhin verfolgt wurde, aber eher langsam. Entweder trauten sich die Viecher nicht heran, weil sie das Schicksal ihrer Artgenossen nicht teilen wollten. Oder sie waren schlicht zu groß, um mühelos zu klettern. Letzteres bereitete mir Sorgen. Ich konnte doch diese Kreaturen nicht mit nach oben bringen. Nim, Drak und die anderen …

Mir blieb keine Wahl. Ich kroch weiter. An der Biegung dort wo es flacher wurde, trank ich schnell ein Schluck Wasser, als ein besonders vorwitziges Exemplar auftauchte. Ich verschluckte mich fast und ließ die Flasche fallen. Sie rollte nach unten. Die Spinne krabbelte darüber und hielt zielstrebig auf mich zu. Keine Chance, hier wegzukommen. Sie hatte ausreichend Platz, um Tempo zu machen. Ich versuchte es trotzdem. Mit dem Speer stach ich nach ihr, als sie in Reichweite war und kletterte weiter, so schnell ich konnte.

Vor mir sah ich jetzt das Gitter in einiger Entfernung. Das gab mir Kraft. Ich krabbelte so schnell wie möglich, schürfte mir Knie und Hände auf. Stieß mir den Kopf und verdrehte mir einen Fuß. Ich näherte mich dem Gitter.

Was noch näher kam, war der Krach von einstürzendem Fels. Weiter unten quietschte es laut. Mir schien, der Gang stürzte ein. Das Gewimmel hinter mir bestätigte das.

Die vorwitzige Spinne kam näher, Geifer troff von ihren Greifern. Gefolgt von den anderen. Tatsächlich hinderte ihre Größe sie daran, schneller zu sein. Sie hob die Vorderbeine und stürzte sich auf mich. Ich trat nach ihr, was sie zurückwarf. Das Gitter kam in Reichweite. „Nim, aufmachen. Schnell!“, rief ich. Nichts geschah. Etwas krachte und die Absperrung hing plötzlich schief. Was …? 

„Nim, mach auf. Beeil dich!“, versuchte ich es erneut. Etwas landete auf meinem Unterschenkel. Dann gruben sich die Zähne der Spinne in meine Wade. Ich schrie auf vor Schmerz. Feuriges Wasser floss von meinem Bein durch meinen Körper. Mein Atem ging schwer.

„Vergiss es!“, fluchte ich. Den Speer nach unten stoßend, warf ich mich den letzten Meter nach vorn. Es gelang mir leidlich, das Gitter zu treffen. Es rührte sich nicht. Mir schwanden die Kräfte. Gift! kam es mir in den Sinn. Ich drehte mich auf den Rücken. Wenn ich schon hier starb, würde ich diese Mistviecher wenigstens zuvor aufhalten.

Ich verdrehte den Speer so gut  wie möglich und verklemmte ihn quer im Gang. Zusammen mit dem Gitter und mir, würde die Zeit hoffentlich ausreichen, Wachen her zusenden, um die Höhle zu sichern. Erneutes Krachen, sowohl im Gang als auch draußen in der Höhle. Meine Sinne schwanden. Ich spürte, wie die Spinne über mich kroch. Haarige Beine streiften mein Gesicht. Kraftlos versuchte ich, sie wegzuschieben. Das Letzte, was mir durch den Kopf ging, war die Tatsache, dass ich meine Bewusstlos-Serie fortsetzte. 

Gut gemacht Rupert.

Dann wurde alles dunkel.

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