Zum Hauptinhalt springen

Verstehen

„Du verstehst das einfach nicht! Du engst mich ein! Jeden Tag willst du irgendetwas unternehmen“, sagte Andreas genervt und fuhr sich dabei durch die Haare. Das machte er immer so, wenn er wütend war. Und das war er. Seit ihm Helena heute Morgen vorgeschlagen hatte, nach dem Frühstück mit der Kleinen auf den Spielplatz zu gehen, war er nicht mehr zu beruhigen. Sie hatten mal wieder einen Streit.

„Ich dachte das Wetter ist so schön und es hat geschneit, da könnten wir doch raus gehen. Mehr nicht. Ich wollte dich nicht zu irgendetwas zwingen“, versuchte Helena ihren Mann zu beruhigen. „Die Woche war schon anstrengend genug und jetzt ist endlich Samstag und du hast nichts Besseres zu tun, als mir mit so was zu kommen?“, kam die Antwort von Andreas. „Ich kann nicht mehr Helena. Verstehst du? Ich bin durch! Während du hier zu Hause bist, mache ich jeden einzelnen verdammten Tag Überstunden. Außerdem ist es mit dem neuen Chef die Hölle!“, seine Stimme zitterte und er lehnte sich gegen den Türrahmen. Helena spürte seine Wut, seine Erschöpfung, vor allem seine Erschöpfung. War sie wirklich zu aufdringlich? Oder war das nur die Oberfläche des Eisberges? Was hatte sie nicht gesehen oder sehen wollen?

„Okay. Ich weiß, dass ich zu Hause bin und du arbeiten gehen musst. Aber ich bin auch durchaus beschäftigt! Ich kümmere mich den ganzen Tag um die Kleine, putze, koche und helfe dir mit dem Verein. Du tust gerade so, als würde ich den ganzen Tag in der Hängematte liegen und vor mich hin meditieren!“, gab sie zurück. „Du! Das habe ich so gar nicht gesagt! Ich glaube nur, dass ich gerade etwas mehr meine Ruhe verdient habe!“, schleuderte ihr Andreas verbal entgegen.

Helena war getroffen. Sie hatte wieder einmal vergessen, wie hart Worte sein konnten. Jeder Satz ein Treffer. So konnte es nicht weiter gehen. Sie mussten aus dieser Wutspirale raus. Es fiel ihr verdammt schwer, aber sie dachte an ihren Vater, wenn er gestresst war. Er atmete tief durch und sagte sich „Jetzt ist Schluss: Kaffee. Aus. Vorbei. Lächeln. Abgehakt.“ Das war zwar kein Allheilmittel, aber innerlich musste sie darüber schon wieder lächeln.

„Andreas“ setze sie an. „Ich verstehe dich ja. Was hältst du davon, dass du dir jetzt einen Kaffee machst und ich gehe mit der Kleinen spazieren. Dann überlegen wir, wie du vielleicht den Job wechseln kannst und ich könnte bei Karin den Telefondienst übernehmen. Dann hätten wir ja noch etwas, dass wir ansparen können“, sagte sie und war selbst überrascht, als Andreas Schultern zu zucken begannen. Ihr Mann nickte stumm und nahm sie plötzlich in den Arm. Er drückte sie heftig und Helena merkte seine schnellen Atemstöße in ihrem Nacken. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ihr Mann unter seiner Arbeit litt. Sie hielt ihn fest und strich ihm zärtlich durch das dichte braune Haar.

„Es tut mir leid, was ich über dich gesagt habe. Du unterstützt mich immer“, sagte er und vergrub sein Gesicht tief in ihren Pulli. „Mir tut es leid. Du hast gerade echt viel um die Ohren. Aber ich glaube, mit etwas Planung kriegen wir das hin“, sagte sie und küsste ihn auf seinen Bart. „Da ist nur noch eine Sache, die ich leider mit dir besprechen muss!“, sagte Andreas nun im ernsten Tonfall und drückte sie von sich weg. „Du musst uns zum Kaffee noch ein Stück Kuchen mitbringen!“

Ich würde mich sehr über dein Feedback freuen! Schreibe mir  einfach einen Kommentar mit deinen Gedanken und Anmerkungen direkt unter die Geschichte.

Du möchtest mich bei Mindful Root unterstützen, um mehr Inhalte zu produzieren und somit noch mehr Achtsamkeit in deinem zu verwurzeln? Dann werde jetzt ein Mindful-Member! Ich freue mich auf dich :)

Die Podcastfolge, in der ich diese Kurzgeschichte vorlese und dir auch noch darüber hinaus einige achtsame Impulse gebe findest du direkt hier ;)

Viel Spaß beim Hören!

Deine Hannah

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Mindful Root und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden