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„Meine Mitglieder tragen zu einer vielfältigen Gesellschaft bei“

Obwohl Raul Krauthausen vor zwei Jahren schon dachte, dass das Potenzial seines Steady-Projekts ausgeschöpft wäre, hat er seitdem die Anzahl seiner Mitglieder mehr als verdoppelt. Im Interview verrät er, wie er das gemacht hat.

Raul Krauthausen setzt sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein, kämpft unermüdlich für mehr Inklusion und eine barrierefreie Gesellschaft und stemmt von Newsletter über Podcast bis hin zu Video-Shows mehrere Medien-Projekte gleichzeitig.

Fast 450 Mitglieder unterstützen den Aktivisten auf Steady (Öffnet in neuem Fenster). Obwohl er vor zwei Jahren schon dachte, dass das Potenzial seines Steady-Projekts ausgeschöpft wäre, hat er seitdem die Anzahl seiner Mitglieder mehr als verdoppelt.

Im Interview spricht er über sein Engagement und erklärt, warum es so wichtig ist, dass seine Mitglieder auf Steady (Öffnet in neuem Fenster) seine Medienarbeit ermöglichen.

Du bist schon sehr lange Aktivist. Deinen Verein Sozialheld:innen hast Du vor fast 20 Jahren gegründet. Hat sich in der Zwischenzeit etwas getan im Bereich Inklusion und Barrierefreiheit?

Es gibt immer noch enorme strukturelle Barrieren in unserer Gesellschaft. Darüber habe ich in meinen Jahren als Aktivist selbst sehr viel gelernt. Vor allem bei Gesetzgeber:innen fehlt immer noch das Bewusstsein dafür, dass wir Teilhabe und Bewegungsfreiheit in unserer Gesellschaft fördern müssen. Das sieht man zum Beispiel am Thema Innovation. Menschen mit Behinderung ziehen eigentlich fast immer den Kürzeren, wenn es um technologischen Fortschritt geht.

Wie meinst Du das genau?

Ganz aktuelles Beispiel: Alle reden über Elektromobilität, aber es gibt bisher gar keine barrierefreien elektrischen Fahrzeuge. Der Akku ist ja im Boden der Autos verbaut, deshalb sitzt man insgesamt höher. Das macht es aber schwierig, mit einer Rampe ins Auto zu kommen.

In Hannover und Hamburg gibt es diesen Ridepooling-Service von MOIA, einer VW-Tochter. Quasi ein alternativer ÖPNV-Anbieter. Die setzen seit kurzem nur noch elektrische Shuttles ein. Das führt dazu, dass der komplette Service nicht barrierefrei ist – mit der Begründung, dass die Fahrzeuge elektrisch sind. Hier hätte der Gesetzgeber klare Regeln setzen müssen. Stattdessen ist nichts passiert. Das finde ich schon krass.

Da bekommt Umweltschutz einen bitteren Beigeschmack.

Eine ganze Gruppe von Menschen wird dadurch ausgeschlossen. In Zukunft müssen wir über solche Probleme viel intersektionaler nachdenken. Das bedeutet, dass wir uns zum Beispiel beim Thema Mobilität nicht nur fragen sollten, wie es nachhaltiger geht, sondern wie es nachhaltig und barrierefrei geht. Sonst wird wie im Falle MOIA am Ende Umweltschutz gegen Barrierefreiheit ausgespielt wird.

Artwork des Podcasts "Wie kann ich was bewegen?" von Raul Krauthausen. Zusammen mit Benjamin Schwarz hat er im Oktober das gleichnamige Buch veröffentlicht (Öffnet in neuem Fenster).

Wir brauchen den Gesetzgeber, der solche Dinge reguliert. Bisher sind unsere Gesetze im Hinblick auf Barrierefreiheit leider ziemlicher Mist. Deshalb versuche ich mit meiner Arbeit, die Öffentlichkeit für diese Themen zu gewinnen und auf Probleme hinzuweisen.

Ein großer Teil deiner Arbeit sind Medienprojekte, die du zum Teil über Steady finanzierst: verschiedene Podcasts (Öffnet in neuem Fenster), Bücher (Öffnet in neuem Fenster), die Talkshow Face to Face (Öffnet in neuem Fenster), das Magazin Die neue Norm (Öffnet in neuem Fenster), dein Newsletter (Öffnet in neuem Fenster) und so weiter. Wieso ist Medienarbeit für Dich so wichtig?

Weil es Spaß macht und ich glaube, dass ich es einigermaßen kann. Und ich möchte gerne zeigen, dass auch die klassischen Medien in bestimmten Situationen besser sein können. Wie etwa bei der Berichterstattung zu den Paralympics: Ständig bekommt man auf die Nase gebunden, wer seit wann welche Diagnose hat. Das steht immer noch viel zu sehr im Mittelpunkt statt der Tatsache, dass da Sportler:innen gegeneinander antreten.

An welchem Projekt arbeitest Du gerade?

Ganz aktuell habe ich zusammen mit Benjamin Schwarz an einem Buch gearbeitet, das Ende Oktober 2021 erschien. Es heißt wie mein Podcast (Öffnet in neuem Fenster): “Wie kann ich was bewegen?” (Öffnet in neuem Fenster). Darin werfen wir einen intersektionalen Blick auf Aktivismus in Deutschland. Für den Podcast habe ich zahlreiche Gespräche mit Aktivist:innen geführt darüber, was sie bewirkt haben, was sie gelernt haben und wie sie mit Themen wie Burnout oder dem permanenten Gefühl der Ohnmacht umgehen, das man als Aktivist:in ja oft erlebt.

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Das verarbeiteten wir in unserem Buch und stellen die Frage: Gibt es so etwas wie konstruktiven Aktivismus? Also einen Aktivismus, der nicht nur anprangert, sondern auch Auswege aus bestimmten Situationen aufzeigt. Neben dem Buch habe ich aber viele weitere Projekte.

Zum Beispiel?

Wir beschäftigen uns gerade mit dem Thema "Gewalt in Behindertenheimen". In den Medien ist schnell von Einzelfällen die Rede, wenn etwas passiert, das an die Öffentlichkeit kommt. Aber es sind eben keine Einzelfälle. Da geht es um strukturelle Gewalterfahrungen, die Menschen mit Behinderung in unserem System durchmachen. Das wollen wir thematisieren. Das finde ich ganz wichtig. Und meine Steady-Mitglieder helfen mir dabei, diese Arbeit zu finanzieren.

https://youtu.be/qebtBzuQ_mo (Öffnet in neuem Fenster)

Raul Krauthausen startete 2015 das "Heimexperiment". Undercover begab er sich in ein Heim und verbrachte dort fünf Tage. Im Video erzählt er von seinen Erfahrungen.

Dein Steady-Projekt hast Du 2016 gestartet. Vor zwei Jahren haben wir schon einmal darüber gesprochen. Damals hattest Du ungefähr 200 Mitglieder und sagtest, dass das Potenzial damit erschöpft ist. Jetzt hast Du fast 450 Mitglieder. Was hat sich geändert?

Ich habe irgendwann realisiert, dass ich das Geld nicht für mich einsetzen möchte, sondern um anderen Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern – zum Beispiel als Kolumnist:in in meinem Newsletter. Aber auch an vielen anderen Stellen: Es gibt inzwischen eine kleine Redaktion, die mit mir zusammen den Newsletter und den Podcast macht. Dazu kommt das Erstellen von Bildmaterial, das Bespielen von Social Media und so weiter. Das kostet Geld.

Früher habe ich das alles selber gemacht, aber ich kann mir von Geld leider keine Zeit kaufen. Deswegen nutze ich es, um andere zu beauftragen und angemessen zu bezahlen. Dadurch stieg auch meine Reichweite, was wiederum zu mehr Mitgliedern auf Steady führte.

https://youtu.be/2UIt-6O9nIk (Öffnet in neuem Fenster)

Raul Krauthausen ist fast überall im Internet unterwegs, von Twitter über TikTok bis YouTube. Auf Steady kann man seine Arbeit unterstützen (Öffnet in neuem Fenster).

Was machst Du noch mit dem Geld, außer Mitarbeiter:innen zu beauftragen?

Ich bezahle auch Barrierefreiheit damit: auf meiner Website, auf Social Media, bei meinen Podcasts und in Videos. Für Bilder muss es zum Beispiel Alternativtexte geben, die Screenreader vorlesen können. Podcasts müssen transkribiert werden, Videos untertitelt, manchmal braucht es ein:e Gebärdensprach-Dolmetscher:in. Das ist alles sehr viel Arbeit, und die bezahle ich auch damit.

Erstellst Du für deine Mitglieder exklusiven Content?

Nein, und das ist mir total wichtig: Wir müssen anerkennen, dass viele Menschen mit Behinderung nicht so viel Geld haben. Deswegen habe ich keine Paywall. Alle Beiträge, die ich produziere sind kostenlos verfügbar. Es wäre nicht barrierefrei, wenn ich Leute vom Zugang zu meinen Inhalten ausschließe, weil sie sich eine Mitgliedschaft nicht leisten können.

Meine Mitglieder bekommen also keine exklusiven Inhalte, aber sie erhalten manche Updates zuerst und bekommen die Gelegenheit, mich persönlich kennenzulernen.

Du kennst deine Mitglieder persönlich?

Ja, ich frage meine Mitglieder nach ihrem Wohnort und habe viele schon persönlich getroffen. Wenn ich zufällig mal in der Nähe bin, versuche ich immer, die Leute auf einen Kaffee einzuladen. Die Pandemie hat das leider unterbrochen, aber ich möchte es wieder aufnehmen, sobald es geht.

Und sonst gibt es eben zweimal im Jahr Hangouts mit mir, also Videochats wo wir alle zusammenkommen und einfach mal jede:r sich selbst vorstellen und Fragen stellen kann.

Raul Krauthausen trifft hin und wieder einige seiner Mitglieder auf einen Kaffee, um sich auszutauschen.

Was sind Deine Mitglieder für Leute?

Es ist zum Beispiel so, dass die meisten keine Behinderung haben. Das finde ich toll, weil sie dadurch eine gute Möglichkeit haben, einen Beitrag für eine vielfältige Gesellschaft zu leisten. Ich bekomme immer sehr gutes Feedback von nicht-behinderten Leser:innen, die das Gefühl haben, dass sie allein durch das Lesen meines Newsletters viel mehr verstehen. Sie können nachvollziehen, wo die Debatte gerade in Deutschland steht, wo wir noch besser werden müssen und so weiter.

Möchtest Du zum Schluss noch etwas loswerden?

Ich bin der Plattform Steady unglaublich dankbar, dass sie mir einerseits dabei geholfen hat, meine Arbeit zu finanzieren und mir andererseits ermöglicht hat, mich und meine Arbeit zu reflektieren. Ich habe immer viel darüber nachgedacht, wie ich den Mehrwert für andere noch erhöhen könnte: Wie bereite ich zum Beispiel meine Inhalte am besten auf, dass auch Menschen davon etwas haben, die nicht so tief in der Materie drin sind? Das konnte ich nur, weil Steady mir die Möglichkeit gegeben hat, eine Community aus Mitgliedern aufzubauen und verschiedene Dinge auszuprobieren.

Auf Steady kann jede:r Raul Krauthausen mit einer Mitgliedschaft unterstützen (Öffnet in neuem Fenster).

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