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Ein Redaktionsplan für digitale Contentprodukte

Du kannst natürlich einfach drauflosschreiben. Oder du arbeitest professionell mit einem Redaktionsplan. Damit können Teams und Einzelschreiber:innen strukturierter,  ruhiger und kreativer arbeiten.

Es gibt wohl drei grundverschiedene Autor:innen in der digitalen Welt: Diejenigen, die sich von der Muße küssen lassen und ohne weitere Vorbereitung texten. Diejenigen, die alles genau vorher planen und jederzeit wissen, was als Nächstes zu tun ist. Und es gibt diejenigen zwischen diesen beiden Extremen. Dazu gehören du, ich und vermutlich alle Leser:innen hier.

Das wäre nicht sonderlich spannend, wenn da nicht eine gewisse Abneigung zwischen den beiden Polen vorherrscht: Beide würden behaupten, produktiver und kreativer als die anderen zu sein. Und beide haben recht. Denn mal ist es hilfreich, den inneren Schweinehund an die Leine zu nehmen, mal sollten wir ihn herumtoben lassen. Die Kunst ist, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Wann brauchst du einen Redaktionsplan?

Die kurze Antwort ist: Du brauchst einen Redaktionsplan, wenn du professionell Content produzieren willst oder musst. Schon ein tägliches Posting auf Twitter wird über einen – natürlich sehr reduzierten – Plan professioneller gestaltet. Denn du wirst damit deine Ideen vorab notieren und du weißt, was du in den vergangenen Wochen gepostet hast. Das wiederum hilft nicht nur bei der Auswahl, sondern du entwickelst fast automatisch eine eigene, persönliche Linie.

Alle weiteren Content-Elemente, die über Twitter hinausgehen (Texte, Bilder, Videos, Serien) vergrößern die Komplexität und machen einen Redaktionsplan noch notwendiger. Ich selbst bin hier schon nach wenigen Wochen an meine Grenze der gedanklichen Planbarkeit gekommen – und habe mir einen kleinen, schnellen Redaktionsplan in einer einfachen Google-Tabelle selbst gebaut. Dazu weiter unten mehr.

Also: Immer wenn die Zukunft und die Vergangenheit in deiner Arbeit eine Rolle spielen, ist ein Redaktionsplan lohnenswert. Und das gilt ohnehin, wenn du als Autor:in für andere schreibst, in einer Online-Marketing-Abteilung arbeitest oder eine solche leitest, in einer Redaktion arbeitest, professionell bloggen oder podcasten möchtest.

Ach, dir reicht eine Bulletpoint-Liste in der Apple Notizfunktion? Nun, das IST ein Reaktionsplan. Nur eben kein sonderlich praktischer.

Wobei kann ein Redaktionsplan helfen?

Gleich folgt eine lange Liste von Funktionen, die ein Contentplan für dich übernehmen kann. Das beginnt bei der abstrakten Ideensammlung und endet im Teamwork oder bei der Dokumentation. Ich durfte bei vielen Kunden mit jeweils unterschiedlichen Plänen arbeiten – und manchmal auch ohne. Perfekt war keiner. Doch alles was besser als keiner.

  • Ideen vorab entwickeln und speichern

  • Gedanken und Notizen sammeln

  • Übersicht der vorhandenen und geplanten Themen

  • Struktur und Kategorisierung von Inhalten

  • regelmäßige Themen planen

  • sichere Tagesplanung

  • Unterstützung beim Schreiben

  • Hilfe bei der Publikation

  • Zusammenarbeit mit anderen

  • Kommunikation / Abnahme von Kunden und Stakeholdern

  • Dokumentation für die Analyse

Zwei Beispiele aus meiner Praxis:

1.) In der Zusammenarbeit mit Kund:innen einer Content-Agentur vermeidet ein gut geführter Redaktionsplan viel Streit und Mehrarbeit. Die Kunden bekommen schnell einen Überblick, wie und woran die Creators arbeiten und was in den nächsten Wochen zu erwarten ist. Und die Creators bewegen sich auf sicherem Grund und werden nicht zu spät von Kundenmeinungen überrascht. Was bei der Content-Produktion nicht selbstverständlich ist.

Und, ja: Immer dann, wenn ich mich mit Kunden oder mit den Stakeholdern einer Webseite durch die zukünftige Themenplanung gearbeitet habe, durfte ich mehr über deren Wünsche und Bedürfnisse lernen als in allen konzeptionellen Gesprächen davor. Die Entwicklung des ersten Themenplans war immer ein kraftvoller Übergang vom theoretischen Konzept hin zu einem konkreten Produkt.

2.) Während ich nun hier alleine vor Steady sitze, um für euch und mich meine Gedanken über das professionelle Schreiben in digitale Kanäle aufzuschreiben, bietet mir meine sehr einfache Mini-Planung die notwendige Sicherheit. Außerdem entwickelt sich dieser Redaktionsplan zu einer veritablen Linkliste auf alle meine Beiträge, die ich dir von jetzt an immer zur Verfügung stelle. Das darfst du gleich sehen.

Und wo bleibt die Kreativität?

Ich gebe zu, eine ordentliche Contentplanung braucht etwas Disziplin. Jedenfalls, bis sie zur Routine geworden ist. Doch wenn das erreicht ist, bietet sie sogar mehr Freiheit als ohne Planung. Warum?

Weil wir Menschen sind. Unsere Gehirne neigen zur Faulheit. Würden wir jeden Morgen, bei jeder Fahrt ins Büro oder in jedes Wochenende immer wieder unvorbereitet starten, wären wir spätestens mittags nur noch müde. Denn Entscheidungen benötigen viel Energie. Diese sparen wir, indem wir zum Beispiel immer den gleichen Weg zum Büro laufen oder indem wir uns frühzeitig fürs Wochenende einen Ausflug in die Berge vornehmen.

Und dann ist da noch der Stress: Es ist schlicht anstrengend, morgens wirklich keine Ahnung zu haben, wie der Tag verlaufen wird. Übertragen auf deine Content-Produktion würde das bedeuten, dass du erst nach dem Publizieren eines Blogbeitrags darüber nachdenkst, worüber du sonst noch schreiben könntest. Du fängst also jedes Mal wieder von vorn an und musst dich mühselig daran erinnern, welche Themen schon geschrieben sind. Das lässt den Puls steigen und den Stress wachsen.

Und alle Menschen sind weniger kreativ, wenn sie gestresst und müde sind. Deshalb das Planen von wiederkehrenden, planerischen Fragen ein echter Kreativitäts-Booster. Wenn du gut geplant vorgehst, wirst du dich mit voller Fokussierung in den Flow der eigentlich kreativen Arbeit, dem Schreiben widmen.

Ein gut geführter Redaktionsplan beschränkt nicht die Kreativität, sondern ermöglicht sie.

Die drei Redaktionsplan-Typen

Also nun, ganz konkret. Ich stelle dir drei verschiedene Typen, oder besser "Ausprägungen", für Redaktionspläne vor. Von Google Tabellen über Trello hin zu Scompler. Das sind allerdings nur Beispiele. Statt Google kannst du auch Microsoft Excel, statt Trello (Öffnet in neuem Fenster) jedes Ticket-System mit Kanban-Funktionen verwenden. Und eine Software wie Scompler (Öffnet in neuem Fenster) steht in regem Wettbewerb mit Tools wie Contentbird (Öffnet in neuem Fenster) oder Contently (Öffnet in neuem Fenster). Ich bin Autor und kein Software-Tester. Deshalb bitte ich dich, dir die Lösungen selbst anzuschauen. Hier soll es darum gehen, WIE diese Lösungen eingesetzt werden und welche Größenordnung für dich passt.

1. Eine einfache Tabelle

Die schnellste und einfachste Lösung ist natürlich – immer – eine Tabelle. Und vielleicht ist das auch der beste Einstieg: die eigene Planung zum Beispiel in Google Tabellen abzubilden. Ich habe das hier für meine Newsletter getan. Wenn du willst, kannst du dir das live und ehrlich anschauen: Zwischen den Zeilen | Redaktionsplan (Öffnet in neuem Fenster). Und weil wir uns schon gut kennen bin ich heiß auf dein Feedback. Du kannst darin gerne kommentieren. Zum Beispiel, was du anders machen würdest, aber auch, welche Themen du dir wünschst. Und du findest darin sogar Links zu allen vorhandenen Artikeln. Die interne Darstellung von Steady ist nämlich gar nicht so gut ...

Ich will dir kurz verraten, wie ich dabei vorgegangen bin: Jeder Newsletter bekommt auf dem ersten Tabellenblatt eine Zeile. Und ich habe mir vorgenommen, neben der thematischen Einleitung immer einen Artikel über "professionelles Schreiben" und eine Übernahme aus meinen guten, alten Contentman (Öffnet in neuem Fenster)-Blog hier anzukündigen. Plus vielleicht ein Tool oder was mir sonst noch einfällt. Na ja, du siehst das ja selbst. Ganz rechts dann die Versandzeit und die KPIs "Öffnungsrate" und "Klickrate". Diese zum Vergleich, was wie gelaufen ist.

In einer zweiten Tabelle (unten "Themen" klicken) notiere ich zwischen den  fertigen Themen meine Ideen, was ich mir demnächst vornehmen möchte. Das darfst du per Kommentar oder Mail an mich erweitern.

Diesen Redaktionsplan betreibe ich nun seit knapp vier Wochen – und habe ihn auch schon zweimal umgebaut. Und siehe da: Diese kleine Tabelle treibt mich durch die Woche und zeigt mir auf einen Blick, was genau jetzt noch zu machen ist.

Ich bin – vorerst – zufrieden damit.

2. Trello als Planungstool

Mein letztes Projekt, den Contentman, hatte ich über Trello geplant. Jedenfalls so lange ich das noch geplant hatte. Irgendwann habe ich ja die Lust daran verloren.

Trello ist ein Task- oder Ticket-System auf einer Basis, die für die Programmierung von Software entwickelt wurde. Wenn du dich tiefer damit beschäftigen möchtest, kannst du nach "Kanban" googeln. Die Idee kommt von Toyota und hilft beim Organisieren von schnellen, agilen Aufgaben mit einer einfachen Aufteilung in "zu erledigen", "in Bearbeitung" und "erledigt". Alle Aufgaben passen dort hinein und an jedem Tag trifft sich das Team am Kanban-Board, um zu schauen, was zu tun ist. Alle suchen sich ihre Aufgaben selbst aus – und niemand darf zu viele übernehmen.

Soweit der Ur-Gedanke. Die intuitive Trello-Software kann allerdings zu allen möglichen Zwecken verwendet werden. Eben auch für einen Redaktionsplan. Hier gibt es dann noch weitere Spalten – für jede Workflowstufe kann es eine geben. Für die eigene Content-Produktion hat Trello einen recht umfangreichen Workflow aufgesetzt und beschreibt diesen ausführlich (Öffnet in neuem Fenster). Da die einzelnen Karten einfach modifiziert und verschoben werden können, ist auch das ein gut anpassbarer und verwendbarer Redaktionsplan.

Ich kenne Online-Marketer, die sogar ihre Beiträge in Trello schreiben und sich gegenseitig zum Lesen und Korrigieren zuschieben. Keine schlechte Idee. Ich schreibe allerdings lieber in Ulysses.

Wobei es völlig egal ist, ob du in Trello alleine arbeitest oder im Team. Es gibt allerdings eine heilige Regel: Du musst diesen Redaktionsplan jeden Tag, vielleicht sogar jede Stunde pflegen. Aber das ist eigentlich bei jeder Contentplanung der Fall.

3. Content Planung für Fortgeschrittene

Scompler ist da eine ganz andere Nummer. Bevor ich damit loslege, will ich betonen, dass ich kein Softwaretester bin. Neben Scompler gibt es eine ganze Reihe anderer Redaktionsplanungs-Tools – die ich mir nicht genauer angeschaut habe. Weil ich aber den Sompler-Gründer Mirko Lange (Öffnet in neuem Fenster) als großartigen und professionellen Content Marketer kenne – bin ich mir sicher, dass er keinen Mist produziert.

Im Gegensatz zu Tabellen und Trello ist Scompler vor allem umfangreicher. Der Kern bleibt die Planung, doch der versteckt sich hinter vielen anderen, nützlichen Funktionen.

So ziemlich jede der Funktionen eines Content-Tools, die ich ganz oben in dem Artikel beschrieben habe, ist dort – je nach Preis – verbaut. Und noch mehr. Sehr genial (und das meine ich NICHT ironisch) ist etwa der Gender-Check: Texte werden daraufhin geprüft, ob sie möglicherweise keine faire Sprache enthalten.

Ich habe mir Scompler für diesen Beitrag natürlich abermals angeschaut. Denn mein letzter Besuch ist schon einige Jahre her. Und ich war kurz davor, meine Planung vielleicht dort zu machen. Denn durch die Verbindungen zu WordPress und Twitter ließe sich alles von dort aus steuern. Sogar die Freigabestufen wären für mich sinnvoll. Und das sogar in der kostenlosen Version. Ich denke ja über ein Lektorat nach – das wäre mit Scompler einfach zu realisieren. Wie überhaupt die Teamarbeit sehr schlüssig und hilfreich wirkt. Wobei, ich bleibe dabei: Das musst du selbst entscheiden.

Und nun?

Meine Bitte an dich ist: Beginne zuerst mit der Planung und dann wähle dann erst das Tool. Orientiere dich vielleicht an den Möglichkeiten dieser Lösungen – aber plane zuerst auf dem Papier oder mit einer einfachen Excel-Tabelle. Gib dir und dem Team ein wenig Zeit, den Nutzen der Planung zu spüren. Und je nach Anforderung probiere das eine oder andere Tool aus. Es MUSS dir  gefallen, du musst es mögen. Denn du wirst – wenn alles gut geht – in den nächsten Jahren täglich mehrfach damit arbeiten. So eine Beziehung muss gut gewählt sein.

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