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Die Pulverisierung der Arbeit

Hier schreibt Paul. Da ich mich mit Eric hier nun abwechsle, werden wir das zu Beginn erwähnen. Damit ihr wisst, mit wem ihr es zu tun habt. Und falls du das neulich übersehen hast: Ich bin der Autor von "Schreib. Dein. Buch. (Öffnet in neuem Fenster)" und seit drei Wochen ein Teil dieses Newsletters.

Der Titel meines Buches legt schon nahe, dass ich ein Freund der Langstrecke bin. Ich liebe es, mich in ein Thema zu vertiefen und auch mal eine Stunde am Stück zu arbeiten. Also so zu arbeiten, wie es Cal Newport in "Konzentriert Arbeiten" nahelegt – speziell uns Kreativarbeiter:innen.

So zu arbeiten, ist nicht nur produktiv und innerlich zufriedenstellend. Newport hat das vor mehr als fünf Jahren als unsere berufliche Chance im Leistungsvergleich mit der Technik bezeichnet. Wenn wir nur die Dinge tun, die schnell und einfach zu erledigen sind, werden uns die Maschinen bald arbeitslos machen. Und heute? Schauen wir Autor:innen auf ChatGPT und ihre KI-Kolleginnen und haben Angst vor Arbeitslosigkeit.

Wie auch immer: Gerade habe ich einen Artikel auf Spiegel gelesen, in dem es um Clickworker und die fiesen Aufgaben, die sie zu lösen haben (Öffnet in neuem Fenster). Der Artikel ist unterhaltsam, weil er kurze Sequenzen der Trainings-Arbeit von KI-Systemen simuliert.

Es ist wie mit den meisten Technologie-Erfolgsgeschichten: Die technologische Revolution basiert auf der Drecksarbeit von prekär beschäftigen Menschen.

Und wieso jammere ich darüber hier im Newsletter?

Weil es für uns Autor:innen, Creator:innen, Kreativarbeiter:innen wichtig ist! Nicht die Jammerei. Sondern die Lösung: konzentriert arbeiten. Niemand muss das Buch von Cal Newport lesen, darauf zu kommen (auch, wenn es hilft).

  • Wenn wir nur das tun, was die KI auch kann oder sogar noch besser macht, schaffen wir die Nachfrage nach uns ab.

  • Wenn wir die Führung der Technologie überlassen, verwandeln wir uns in Clickworker und gehen nur noch der KI zur Hand.

  • ABER: Wenn wir aufhören zu jammern und uns daran erinnern, was wir Menschen (immer noch) besser können, wird die KI zur Kollegin und wir spazieren mit ihr Hand in Hand in den Sonnenuntergang.

Die entscheidende Frage ist demnach: Was können wir Menschen (noch) besser? Eine Antwort könnte sein: Kreativität steuern! Statt zahlloser Ideen zu entwickeln (das kann die KI ziemlich gut) können nur wir die besten davon auswählen und sie zu einem perfekten Ergebnis ausarbeiten. Statt den wahrscheinlichsten Artikel zu schreiben (das mach natürlicherweise die KI schon jetzt besser als wir), können wir diesen emphatische auf eine Nischenzielgruppe zuschneiden.

Wir dürfen nicht vergessen: Im Gegensatz zur KI haben wir Arme, Beine, einen Körper. Wir spüren den Schmerz und die Liebe. Und wir können unseren Artgenossen darüber berichten. Das heißt, eine reale, anfassbare Welt werden wir noch lange Zeit besser begreifen und beschreiben können als eine KI.

Also sollten wir uns auf das besinnen, was die Menschen wirklich spüren. Und das sind nicht austauschbare LinkedIn-Artikel oder schablonenhafte SEO-Ratgeber.

Szenenwechsel.

Wie lässt sich hochwertiger Journalismus in Zukunft finanzieren?

Dieser Frage ist ein Studienteam der Münchner LMU nachgegangen (Öffnet in neuem Fenster).

Vorab eine interessante Zahl: Laut Neil Thurman, einer der beiden Wissenschaftler am Institut für Kommunkationswissenschaft und Medienformschung der LMU rechnet vor, dass Facebook und Google jeweils mehr Umsatz mit Online-Werbung machen als alle Zeitungen, Zeitschriften, Radiosender und Kinos der Welt zusammen. Das ist krass, oder? Und ich schätze, Facebook und Google zusammen beschäftigen nur einen Bruchteil der Zeitungen, Zeitschriften, Radiosendern und Kinos angestellten Menschen.

Der Werbeumsatz wird den Journalismus also wohl nicht retten. Wenig überraschend ist aber auch die Tatsache, dass Menschen ungern Geld für digitalen Journalismus Geld zahlen. Das liegt wohl an der vor Jahren als "Geburtsfehler" des Internets bezeichneten Gratis-Mentalität. Vom Start weg waren alle Nachrichten kostenlos und sind es größtenteils immer noch. Wieso also zahlen?

Die Forscher haben vier Arten von Strategien von Paywalls untersucht:

  • Der digital-spezfische, in dem exklusive Online-Vorteile versprochen werden.

  • Der soziale Ansatz, in dem dadurch der Raum zu einer Community aufgeschlossen wird.

  • Die Preistransparenz, in dem über die kritische Situation der Medienbranche informiert wird.

  • Der normative Ansatz, der aufzeigt, dass damit unabhängiger, objektiver Journalismus unterstützt wird.

Und siehe da: Nicht ein einziges Argument gewinnt, sondern die Kombination aus normativem und preistransparenten Ansatz. Die zahlenden Nutzer:innen verlangen offenbar nicht unbedingt digitale Extras oder gar eine Community. Sie möchten gerne ernst genommen werden (Transparenz) und wollen zu einer Gesellschaft gehören, die Journalismus als wichtigen Teil des Lebens ansieht.

Ich finde, das klingt gut. Wie siehst du das? Welchen Journalismus unterstützt du? Die Auswahl hierzulande zwischen Bild Plus, Zeit digital, Taz und den vielen Nischen-Abos von Substack und Steady ist ja mittlerweile richtig groß.

Oder nervt dich das Gejammere ums Geld? Dann schreibe mir gerne: paul.jonas.privat@gmail.com. Deine Meinung interessiert mich.

Der Pocast-Tipp

Und dann soll ich euch noch Grüße von Eric ausrichten. Dank einer Folge von Subscribe Now (Öffnet in neuem Fenster) von Lennart Schneider ist er beim Podcast von Victoria Weber (Öffnet in neuem Fenster) hängen geblieben. Sie schreibt und redet über und mit Creators über Geschäftsideen und Cases in der digitalen Contentwelt. Laut Eric ist das eine gute Abo-Empfehlung für diese Woche.

Eine schöne Woche also!

Paul

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