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Völkermord: Nicaragua vs. Deutschland – Beobachtung, Hintergründe

Sitzung des IGH

Nicaragua hat vor dem Internationalen Gerichtshof IGH in Den Haag Klage gegen Deutschland eingereicht. Die Anhörung der beiden Parteien fand am Montag und Dienstag statt.

Der Vorwurf lautet, dass Deutschland Israel politisch, finanziell und militärisch unterstützt, die finanzielle Unterstützung für das UN-Hilfswerk für Palästinenser UNRWA eingestellt hat und dadurch einen Völkermord unterstützt.

Ich habe die Verhandlung intensiv verfolgt und möchte Beobachtungen und Hintergründe geben. Denn der Vorwurf der Beihilfe zu einem Völkermrod ist schon eine Hausnummer.

Nicaragua

Nicaragua ist schillernd. Um es nett auszudrücken.
Ein Schnelldurchlauf.

Nicaragua wurde seit 1934 diktatorisch vom Samoza-Clan regiert. In den 1970ern formierte sich Widerstand durch die Guerilla der Sandinistas, welche die Diktatur 1979 stürzten.
Das fand die CIA doof. Weshalb sie Mitte der 1980er im Geheimen Waffen an den Iran verkaufte und mit dem Geld die Contras in Nicaragua unterstützte. Entgegen dem beschlossenen Willen des US-Kongress.
Nebenbei kam auch raus, dass die Contras tonnenweise Koks in die USA geschmuggelt haben und die CIA davon wusste, es sogar geduldet hat. Die Iran-Contra-Affaire.

Zu dieser Zeit unterhielt Nicaragua, vertreten durch die Sandinisten, bereits gute Beziehungen zur Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, die auch gerne mal Anschläge gegen Israel verübte.

Nach einigem Hin und Her wurde Daniel Ortega erneut 2006 Präsident. Er kannte sich aus, er war es bereits in den 1980ern. Denn er war ein Anführer der Guerillas, die von der Sowjetunion unterstützt wurden. Man kennt sich, man grüßt sich.
2011 hätte Ortega eigentlich nicht wiedergewählt werden dürfen. Zzufälligerweise kippte der oberste Gerichtshof kurz vorher das Gesetz und Ortega regiert seitdem durch.

Allerdings scheint die eigentliche Macht inzwischen von seiner Frau auszugehen, weil Ortega wohl leicht senil geworden ist. Die Schriftstellerin und New-Age-Anhängerin Rosario Murillo ist inzwischen Vizepräsidentin, immerhin hat sie eine gute Schul- und Kunstausbildung in England und der Schweiz genossen.
Als seine Stieftochter Ortega öffentlich des Missbrauchs ab dem Alter von neun Jahren bezichtigte, hielt Murillo zu ihrem Mann.

2018 wurden die Renten um 5% gekürzt, weil es in den Sozialkassen eng wurde. Gegen die Demonstrationen ging die Polizei mit scharfer Munition vor. Nebenbei gingen die Polizei und Guerillas auch gegen indigene Minderheiten vor.
Nicaragua stimmte in der UN grundsätzlich pro Russland, 2022 verteidigte Nicaragua den Überfall Russlands auf die Ukraine als Selbstverteidigung.
2023 befahl Ortega der Nationalversammlung, die Verfassung für eine Doppel-Präsidentschaft umzuformulieren, um das Amt für seine Frau zu sichern.

Seit 2021 wird die Regierung Nicaraguas wegen Menschenrechtsverletzungen durch die EU sanktioniert.

Das UNRWA

Bereits mehrfach habe ich zum UNRWA berichtet. Daher ebenfalls nur ein Schnelldurchlauf.

Das UNRWA wurde 1949 gegründet, um die Vertriebenen in der Region Palästina, also auch in Israel, zu unterstützen. Im Jahr zuvor hatten alle umliegenden Staaten Israel in der Nacht seiner Staatsgründung angegriffen. Der Gazastreifen ging bis zum Krieg von 1967 an Ägypten, das Westjordanland an Jordanien.

Das ursprünglich temporäre Hilfsprogramm wird regelmäßig alle drei Jahre verlängert.
Gemäß seiner Definition sind im Grunde alle Flüchtlinge, die sich heute Palästinenser nennen. Nicht jedoch die „palästinensischen“ Israelis, die 20% der israelischen Staatsbürger ausmachen.
Der Status des Flüchtlings kann vererbt und inzwischen durch Adoption weitergegeben werden, so dass auch Menschen Anspruch auf Hilfe des UNRWA haben, deren Urgroßeltern aus dem heutigen Israel geflohen sind. Auch im Libanon, Syrien und Jordanien.
99% der Mitarbeiter des UNRWA sind Palästinenser. Es ist mit 30.000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in den palästinensischen Autonomiegebieten.

UNRWA-Generalkommissar Peter Hansen sagte CBC News am 03.10.2004:
„Oh, ich bin sicher, dass es Hamas Mitglieder auf den Gehaltslisten des UNRWA gibt und ich sehe darin kein Verbrechen. Die Hamas als eine politische Organisation bedeutet nicht, dass jedes Mitglied ein Milizionär ist und wir führen keine politischen Sicherheitsprüfungen durch und schließen Menschen aufgrund ihrer Überzeugungen aus“.

Immer wieder wurden Waffen in Gebäuden der UNRWA gefunden, beispielsweise in Schulen und Krankenhäuser. Bis hin zu Raketenabschussvorrichtungen, für die eine Wand durchbrochen wurde.
Hat das UNRWA dies selber „bemerkt“, hat sie gemäß „Neutralitätsgebot“ die Hamas aufgefordert, die Waffen zu entfernen. (Bericht dazu hier… (Öffnet in neuem Fenster))
Anfang Februar haben die israelischen Streitkräfte Tunnel unter dem Hauptquartier des UNRWA in Gaza gefunden. Die darunter verborgene Anlage kann nicht nur nicht ohne Wissen des UNRWA gebaut worden sein. Sie wurde auch mit Strom und Internet aus dem Hauptquartier versorgt.

Als Israel dann auch noch Videos veröffentlicht hat, auf denen Mitarbeiter des UNRWA am 10/7 in Israel aktiv waren und beispielsweise israelische Leichen in den Gazastreifen entführt haben, haben viele Länder die Hilfen eingestellt.

Die Klage

Nicaragua hat nun Klage gegen Deutschland eingereicht. Mit der Forderung nach einem Eilverfahren.
Am Montag fand die mündliche Anhörung Nicaraguas statt, am Dienstag die Anhörung Deutschlands.

Nicaragua fordert, dass Deutschland sofort jede militärische Lieferung an Israel einzustellen hat. Da diese Hilfe dazu genutzt würde, einen Völkermord an den Palästinensern zu begehen. Und die Waffen würden auch dabei unterstützen, dass Israel gegen Palästinenser ein „Regime der Apartheid“ durchsetzt. Darüber hinaus soll Deutschland durchsetzen, dass bereits gelieferte Waffen nicht für einen Völkermord genutzt würden.

Deutschland solle darüber hinaus sofort seine Unterstützung für das UNRWA wieder aufnehmen. Da durch die unterlassene Hilfe einen Völkermord unterstützen würden.

Die Sprecher für Nicaragua

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Kategorie Medien und Politik

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