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Versammelt euch!

Du hast keinen Bock mehr auf den ganzen Scheiss. Die Lokalpolitik kommt nicht in die Pötte, und in Berlin setzen sich nur die Lautesten durch – und jene, die sich am großzügigsten von Lobbyisten schmieren lassen.

Gleichzeitig steht alles auf Eskalation. Im Stadtpark sterben die Bäume wegen Trockenheit, die AfD flutet die Social Media-Kanäle der Kids mit ihren Hassbotschaften, und die Inflation frisst das Ersparte auf. Wäre alles halb so schlimm, wenn dein Freundeskreis noch da wäre, aber der hat sich über Corona zerlegt. Querdenker auf der einen, Impfbefürworter auf der anderen Seite.

Dann standen da diese zwei Leute vor deiner Tür. Ob du den Flyer in deinem Briefkasten gesehen hättest?

Ja, den hattest du gesehen und weggeworfen.

Ob du auch eine andere Art von Politik willst?

Ja, schon, na und?

Ob du Lust hättest vorbeizukommen bei der ersten Lokalen Versammlung, vorne im Gemeindesaal?

Ja, bestimmt, ciao.

Jetzt stehst du vor dem Gemeindesaal, willst gerade umdrehen und wieder nach Hause gehen, als zwei andere Leute vorbeilaufen und rein gehen. Du wartest noch einen Augenblick, folgst dann.

An der Tür steht eine Frau mit braunen Haaren, begrüßt dich mit ausgestreckter Hand, fängt direkt an: da vorne ist ein kleines Buffet, die Toiletten sind den Gang runter, die Veranstaltung dauert etwa zwei Stunden, such dir gerne schon mal einen Platz. Du nickst.

Im Raum stehen einige Zimmerpflanzen, dazu kleine Sitzgruppen und das Buffet sieht selbstgemacht aus, aber lecker. Du guckst dich um und siehst ungefähr 20 Leute im Raum. In fünf Minuten soll es losgehen.

Als es um fünf nach losgeht, sind noch zehn weitere Leute dazugekommen.

“Hi, schön, dass ihr da seid”, sagt die Frau mit den braunen Haaren. “Ich bin heute hier, weil ich für mich erkannt hab, dass unser Regierungssystem und unsere Demokratie reformbedürftig sind, dass die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden, kaputt ist. Egal, wen man wählt, manche Dinge kommen nicht voran.

Wir haben erkannt, dass wir, wir als Gemeinschaft, es besser machen können. Man kann Entscheidungen auf eine Art und Weise treffen, die repräsentativer und gerechter ist. Die Bürgerräte der letzten Jahre haben das gezeigt. Jedes Mal, wenn sie zum Einsatz kommen, sind die Bürger den Politikern voraus und stellen das Wohlergehen aller in den Mittelpunkt.

Wir wissen also, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten überwinden, dass wir zusammenkommen können, um selbst Veränderungen herbeizuführen. Wir können zeigen, wie außergewöhnlich wir Menschen sind. Die Art, wie wir heute hier zusammenarbeiten, soll ein Beweis dafür werden.

Die Veranstaltung ist Teil des Projekt Menschlichkeit, das gerade überall in Deutschland und vielen Ländern Europas solche Lokalen Versammlungen durchführt. Wir sind eine internationale Bewegung, die sich gerade aufmacht gegenseitiges Verständnis und gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln.“

Bla, bla, bla, denkst du und guckst dich um, um zu schauen, ob die anderen den Scheiss kaufen. Zumindest scheint niemand zu widersprechen, auch nicht, als die Bitte kommt, sich in kleinen Gruppen zusammenzusetzen.

Bei dir in der Gruppe seid ihr zu acht. Einen Typ, glaubst du, schon mal irgendwo in der Gegend gesehen zu haben, vielleicht mit seinem Hund unten auf der Straße. Dazu kommt eine Moderatorin in die Gruppe und jemand, der ein bisschen mitschreiben soll. Die Frage: Wie wollen wir hier vor Ort zusammenleben? Jeder hat reihum drei Minuten Redezeit, die anderen sollen zuhören, unterbrochen wird nicht.

Der Typ mit dem Hund erzählt, dass er jeden Tag stundenlang im Viertel und am nahegelegenen Fluss unterwegs ist, viel sieht, ihm die Obdachlosen vorne an der Brücke leid tun, die da in Zelten schlafen, was ja im Sommer noch okay sei, aber der Winter komme ja jetzt auch wieder. Und die vielen alten Leute, die alleine zuhause sitzen.  Egal wann er an ihren Fenstern vorbeikomme, sehe er da die Fernsehschirme flackern. Früher sei das doch anders gewesen, da wäre noch mehr Gemeinschaft gewesen, und, ja, er selbst sei auch manchmal einsam.

Er will noch weiter ausholen, aber die Moderatorin weist ihn freundlich darauf hin, dass seine Zeit langsam vorbei sei, es aber gleich noch mal Gelegenheit zu reden gäbe, und fragt dann, ob sie richtig verstanden hätte: Die Obdachlosigkeit und die Einsamkeit der Menschen vor Ort mache ihm Sorgen? Er nickt.

Dann bist du dran. Du sagst, dass das ganze Gerede vom Bessermachen doch alles Quatsch sei. Dass die da oben eh tun, was sie wollten. Ob die anderen das alle nicht mitbekommen hätten, die ganze Mauschelei um das alte Einkaufszentrum. Wie viel Geld die da für Nonsens rausschmeißen würden. Prestigeprojekte. Und da könne man sich treffen und versammeln und reden so viel man wolle, das interessiere die doch nicht. Das sei alles Zeitverschwendung, was hier passiere.

„Du hast also das Gefühl, dass die Politik sich nicht für uns Bürger interessiert und macht, was sie will?“ fragt die Moderatorin. „Und deshalb fühlst du dich manchmal hilflos?“

Du guckst sie an. In dir bewegt sich etwas. Dann nickst du langsam.  

Ihr Lieben,

ich habe schon ein paar Mal vom Projekt Menschlichkeit und unsere Lokalen Versammlungen erzählt. In vielen Städten quer durch die Republik geht es gerade schon los, und die Erfahrungen sind richtig vielversprechend. Da bewegt sich was!

Jetzt rollen wir das Format auch online aus, und ich will dich gerne einladen, mitzumachen. Die Klimabürgerräte haben ja immer wieder gezeigt, was für radikale Maßnahmen Menschen umsetzen würden, wenn es nach ihrem Willen ginge – aber meist scheitert es wieder an Berlin, an der Übermacht der Unternehmen und Lobbyisten.

Aber das die Demokratie so schlecht funktioniert, muss nicht sein. "Es gibt nichts Gewöhnlicheres, als ein Betriebssystem zu aktualisieren, wenn es veraltet ist", hat Susan Nakyung Lee, vom World Citizens‘ Assembly Lab mal gesagt. Und sie meinte damit unser Regierungssystem.

Ich will dich deshalb einladen: Lasst uns online versammeln und die Frage besprechen: Wie können wir unserer Demokratie ein Update verpassen

  1. Mai

17.15. - 19.15 Uhr

Hier ist deine Einladung. Wir begrenzen die Anzahl der Teilnehmenden ein bisschen, um es gut handhaben zu können. Registrier dich am besten schon jetzt: Registrieren für Zoom-Call (Öffnet in neuem Fenster)

Ich freu mich auf dich!


Liebe Grüße

Raphael

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